zum Hauptinhalt
Olaf Scholz wird die Ampel-Koalition als Kanzler führen - die Rolle von Christian Lindner ist noch unklar.

© Mike Schmidt/Imago

Unnötige Debatte um Ressortzuschnitte: Der politische Inhalt ist wichtiger als Ampel-Marketing

Das Bauministerium wiederbeleben, aber kein Digitalressort? Eine Koalition des Aufbruchs geht auch ohne völlig neuen Kabinettszuschnitt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Die Ampel-Parteien sind fast fertig beim Koalitionsbilden. Am Ende geht es nun um die Ministerien und die Frage, wer sie besetzt, wie man sie zuschneidet. Das ist bei einem Dreierbündnis nicht ganz einfach. Was nun an Mutmaßungen durchgesickert ist, muss nicht der letzte Stand der Dinge sein.

Einiges klingt überraschend. Soll wirklich die FDP das Verteidigungsressort bekommen, ein Ministerium, das seit 1949 immer bei der Kanzlerpartei war? Kann es wirklich sein, dass die Grünen ihre Traumkonstellation herausverhandelt haben? Mit Wirtschaft/Energie/Klimaschutz, Außenamt, Umwelt plus Naturschutz, Verkehr und dem Familienministerium als sozialpolitischer Beigabe könnten sie tatsächlich nicht meckern.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Bei einer Kabinettsbildung steckt der Teufel weniger im Detail als in der großen Linie. Wer nicht aufpasst, kann bei der Handvoll Ressorts, die nun jede Partei bekommt, ziemlich falsch liegen mit Blick auf eine lange Wahlperiode.

Niemand weiß heute, welche Ministerien in ein, zwei oder drei Jahren die Hotspots für Kritik, Spott oder Shitstorms sein werden. Und in welchen die Heldinnen und Helden sitzen. Genau das kann jedoch entscheidend sein für das Schicksal einer ganzen Partei. Insofern braucht’s ein glückliches Händchen.

Alles auf Lindner

Ist es dann besser, mit einem Generalthema über mehrere Ressorts hinweg vertreten zu sein – wie nun möglicherweise die Grünen? Oder ist es angeraten, die Partei personell auf ein Ressort zu fokussieren, wie möglicherweise die FDP mit Christian Lindner als Finanzminister – hinter dem die anderen freidemokratischen Kabinettsmitglieder (neben Verteidigung wurde über Bildung und Justiz spekuliert) erst sichtbar werden, wenn ihr Laden nicht läuft?

[Lesen Sie auch: Ministerien-Verteilung nimmt Formen an: Wer soll welchen Posten in der Ampel-Koalition bekommen? (T+)]

Nur ein Platz im Kabinettsaal ist bisher schon sicher besetzt - Kanzler wird Olaf Scholz werden.
Nur ein Platz im Kabinettsaal ist bisher schon sicher besetzt - Kanzler wird Olaf Scholz werden.

© Kay Nietfeld/dpa

Die SPD hat es einfacher. Sie stellt den Kanzler. Das ist die halbe Miete. Aber an Olaf Scholz vor allem hängt es dann eben auch. Denn mit nur fünf Fachressorts, folgt man den umlaufenden Gerüchtelisten, wären die Sozialdemokraten gefühlt kaum stärker als die Koalitionspartnerinnen.

[Lesen Sie dazu bei Tagesspiegel Plus: So funktioniert Berliner Machtarchitektur.]

Die Ampel will als Bündnis für einen neuen Aufbruch wahrgenommen werden, als eine progressive Allianz. Das klingt nach gründlicher Umorientierung auch bei den Ressorts. Man sollte nicht zu viel erwarten. Ein Übermaß an organisatorischem Hin und Her zwischen den oft behäbigen Exekutivapparaten kostet Zeit und Energie. Großartig klingende Design- und Marketingideen wiederum können schnell substanzlos wirken – in der „Groko“ hat das der Flop der Heimatpolitik gezeigt.

Eine Querschnittsaufgabe

Dass es nun wohl nicht auf ein eigenes Digitalministerium hinausläuft, muss dem progressiven Anspruch daher nicht entgegenstehen. Es ist nun einmal eine Querschnittsaufgabe. Die Ampel wird daran gemessen werden, was sie hier insgesamt an Modernisierung auf den Weg bringt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dass ein Bundesbauministerium im Gespräch ist (kein Novum, sondern eine Wiederbelebung nach fast einem Vierteljahrhundert) deutet auf Profilierungsabsichten und guten Willen hin. Die Gefahr liegt auf der Hand: Das Feld ist vor allem von Ländern und Kommunen besetzt.

So könnte es – wie seit Jahren im Bundesbildungsministerium – dazu kommen, dass mangels echter Gestaltungsmacht der föderale Clinch den Fortschritt bremst. Abseits aller Zuschnittsdebatten gilt im Übrigen immer der alte Merksatz: Es kommt auf die Inhalte an. Der Koalitionsvertrag ist wichtiger als die Kabinettsliste.

Zur Startseite