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Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

© Jürgen Heinrich/Imago Images

Union bleibt hart: „Einigung bei Grundsteuer möglich, wenn Scholz sich bewegt“

Bis Jahresende muss eine Lösung her: Im Streit um die Grundsteuerreform fordert Unions-Fraktionsvize Jung mehr Kompromissbereitschaft des Finanzministers.

Es ist eine vertrackte Gemengelage: Die schwarz-rote Koalition im Bund streitet seit Monaten um die Reform der Grundsteuer. Bei der hat der Bund allerdings nur noch eine begrenzte Gesetzgebungszuständigkeit, während die Länder flexibler agieren könnten.

Deshalb hätte Bayern zumindest gern eine Öffnungsklausel im Bundesgesetz, um dennoch eigenständiger vorgehen zu können. CSU-Chef Markus Söder hat diese Forderung zum Koalitionsthema gemacht, stößt aber auf den Widerstand von Bundesfinanzminister Olaf Scholz und dessen SPD, die zusammen mit den meisten anderen Ländern eine bundeseinheitliche Lösung anstreben. Die Zeit drängt, denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil im April 2018, in dem die Grundsteuerreform verlangt wird, eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Der Streit ist auch kurios, weil weder der Bund noch die Länder die Steuereinnahmen bekommen, sondern die Kommunen. Die reden bei der Steuer auch das gewichtigste Wörtchen mit, denn über die Hebesätze dürfen sie bestimmen, wie hoch die Grundeigentümer und die Mieter am Ende belastet werden.

Was aber wieder mit der Steuerbemessung zu tun hat, die nun in Berlin der Streitpunkt ist: Soll stärker der Wert von Immobilien eine Rolle spielen, wie Scholz, die SPD und die Ländermehrheit es wollen, oder allein die Fläche, was Bayern und die Unions-Fraktion im Bundestag bevorzugen. Angesichts des Streits bangen die Kommunen langsam um die Einnahmen in Höhe von gut 14 Milliarden Euro.

Scholz geht nach wie vor davon aus, dass er noch im Mai seinen Gesetzentwurf ins Kabinett bringen kann. In der Union wird dagegen darauf verwiesen, dass die notwendige Ressortabstimmung noch fehle. Und das Bundesinnenministerium mit Horst Seehofer an der Spitze hat als eines der beiden für Verfassungsfragen zuständigen Ressorts noch Klärungsbedarf.

Scholz begründet die Bundeszuständigkeit nämlich vor allem mit dem Grundgesetzgebot der „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“. Aber wie weit trägt diese Regel angesichts der Hebesatzautonomie der Kommunen? Das fragt man sich in der Union.

Ist der Termin im Mai zu halten?

Die bayerische Forderung nach einer Öffnungsklausel oder sogar einem Abweichungsrecht, um weitgehend eigenständig regeln zu können (das Grundgesetz bietet dafür eine Möglichkeit), ist freilich auch nicht problemlos. Denn macht Scholz die Tür weit auf, dann stellt sich die Frage, warum überhaupt eine Bundeszuständigkeit geboten ist. Bleibt er in einem sehr engen Rahmen, geht der Koalitionsstreit weiter.

Fraglich ist daher, ob der von Scholz nun genannte Kabinettstermin im Mai zu schaffen ist. Im Magazin „Focus“ sagte Scholz am Wochenende, er rechne mit einer raschen Einigung: „Wir werden rechtzeitig eine Lösung für die Grundsteuer finden. Wir sind fast durch.“ Im Finanzausschuss des Bundestages deutete der Bundesfinanzminister in der vorigen Woche aber an, dass eine Öffnungsklausel nur sehr begrenzt möglich wäre.

In der Unionsfraktion glaubt man denn noch nicht an den in Aussicht gestellten zügigen Abschluss. „Eine Einigung ist möglich, wenn Olaf Scholz sich bewegt und seinen Vorschlag überarbeitet. Den Hinweis auf Zeitdruck muss er jetzt mit Bereitschaft zum Kompromiss ergänzen“, sagte Fraktionsvize Andreas Jung dem Tagesspiegel. Und er legt die Latte höher: „Es braucht dazu eine neue Architektur, nicht einfach einen anderen Anstrich desselben Modells: Alles was Wohnen verteuert und unnötige Bürokratie verursacht, muss raus, eine umfassende Öffnung für eigene Länder-Regelungen muss rein.“

 Weitere Punkte sind Tabaksteuer und Soli

Doch die Grundsteuer ist nicht das einzige steuerpolitische Streitthema, mit dem die Koalition in den Juni gehen wird. Die Steuerschätzung Anfang Mai hat für den Bund eine Etatlücke von gut zehn Milliarden Euro bis 2023 ergeben. Scholz will offenbar eine Erhöhung der Tabaksteuer in Erwägung ziehen, die derzeit allerdings auch nur 14 Milliarden Euro in die Bundeskasse einbringt. Schon 2020 sollen es nach einem „Spiegel“-Bericht einige hundert Millionen Euro mehr sein.

Damit ließen sich aber die neuen Wünsche in der Koalition kaum gegenfinanzieren. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat gerade erst der Funke-Mediengruppe gesagt, eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags sei „angesichts der drohenden Konjunkturflaute möglicherweise nötig“. Bisher will die Koalition den „Soli“ ab 2021 für 90 Prozent der Zahler streichen.

Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hat vorige Woche in einem Gutachten für die FDP-Fraktion allerdings geschrieben, die Erhebung des „Soli“ sei schon ab 2020 insgesamt grundgesetzwidrig. Die Sozialdemokraten wiederum möchten bald ihre Grundrente durchsetzen. Die würde den Etat auch zusätzlich belasten, weshalb erwogen wird, sie aus der Rentenkasse zu finanzieren. Das hat Kramp-Karrenbauer nun abgelehnt. Auch hier stehen die Zeichen vorerst auf Konflikt.

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