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Teilnehmerin einer Demonstration gegen Corona-Einschränkungen im März 2021 in Berlin

© dpa/Fabian Sommer

„Ungeimpft“ auf gelbem Stern: Justiz geht gegen Holocaust-Relativierung bei Corona-Protesten vor

Protestierende gegen die Coronapolitik tragen oft einen gelben Stern, der an Zwangskennzeichen der Nazis erinnern soll. Behörden werten das als Volksverhetzung.

Die Justiz geht in mehreren Bundesländern gegen Gegner der Corona-Politik vor, die bei Protesten den von den Nazis als Zwangskennzeichen eingeführten „Judenstern“ mit dem Wort „ungeimpft“ tragen. Das gilt auch für Demonstranten, die andere Symbole tragen, die den Holocaust relativieren, oder die sich entsprechend äußern.

Nach Überzeugung verschiedener Justizministerien können solche Verhaltensweisen den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) ergab.

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„Sich den gelben Stern anzuheften und dieses menschenverachtende Symbol des millionenfachen Mordes an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit dem eigenen Impfstatus in Verbindung zu bringen, ist nicht nur geschmacklos, sondern erfüllt in meinen Augen den Straftatbestand der Volksverhetzung“, sagte die Bremer Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) dem RND. Deshalb sei es absolut richtig, „dass von der Staatsanwaltschaft Bremen generell der Anfangsverdacht der Volksverhetzung angenommen und entsprechend ermittelt wird“. Auch in anderen Ländern wurden bereits entsprechende Verfahren eingeleitet.

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Das bayerische Justizministerium weist ebenfalls darauf hin, dass Äußerungen, die staatliche Corona-Maßnahmen mit dem Holocaust vergleichen, als Volksverhetzung verfolgt werden könnten. Zusammen mit dem Innenministerium habe man deshalb ein Informationsschreiben an die Verbände der bayerischen Polizei erstellt, „in dem diese gebeten wurden, entsprechende Fälle zur Prüfung des Anfangsverdachts für eine Straftat der zuständigen Staatsanwaltschaft vorzulegen“, hieß es auf RND-Anfrage.

„Kein Platz für Antisemitismus“

„Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut unserer Verfassung. Jeder darf seine Meinung in Deutschland sagen und friedlich und ohne Waffen demonstrieren“, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) dem RND. „Für Antisemitismus darf es keinen Platz in Deutschland geben“, fügte er hinzu. „Wir haben eine besondere Verantwortung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens. Es ist unsere Aufgabe, den Judenhass in unserer Gesellschaft zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen. Deshalb gehen wir entschlossen dagegen vor.“

Auch die Generalstaatsanwaltschaften in Hamburg und Sachsen halten das öffentliche Zeigen von „Judensternen“ mit „Ungeimpft“-Aufschrift und die Verbreitung Holocaust-relativierender Aussagen grundsätzlich für strafbar, wie Sprecher dem RND mitteilten. Die Justizministerien in Nordrhein-Westfalen und Hessen halten es dem Bericht zufolge zumindest für naheliegend, dass der Straftatbestand der Volksverhetzung in in solchen Fällen erfüllt wird. Mehrere Bundesländer verwiesen auf RND-Anfrage auf die Unabhängigkeit der Justiz und wollten keine eigene Bewertung abgeben. (dpa)

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