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Imre Nagy, Held von damals, jetzt verbanntes Denkmal am Stadtrand.

© imago/ZUMA/Keystone

Ungarn verbannt Imre-Nagy-Denkmal: Wenn Idole unpassend werden

Das Denkmal des ungarischen Revolutionshelden Imre Nagy in Budapest wurde demontiert. Das sagt auch etwas über Viktor Orban. Ein Kommentar.

Politische Zeitenwenden hinterlassen Spuren, auch auf Straßen und Plätzen. Namen verschwinden, Denkmäler werden demontiert. Wenn eine Persönlichkeit, die in einer Ära verehrt wurde, in einer anderen zur Persona non grata wird, sagt das etwas aus über den, der aus dem öffentlichen Gedächtnis verbannt wird, aber auch über den, der den Bannstrahl auslöst.

In Budapest ist jetzt ein Denkmal demontiert worden. Mit ihm war Imre Nagy geehrt worden, jener ungarische Ministerpräsident, der 1956 gegen die übermächtige Sowjetunion seinem Land etwas mehr Eigenständigkeit ertrotzen wollte. Also eigentlich ein Nationalheld. Nicht jedoch für den heutigen Regierungschef, Viktor Orban. Nagy ist bei ihm und seiner rechtsnationalen Bewegung in Ungnade gefallen. Denn Imre Nagy war – ja, er war Kommunist.

Imre Nagy, 1896 geboren, ungarischer Kommunist, emigrierte 1929 vor der national-faschistischen Horthy-Regierung in die Sowjetunion. 1944 kam er mit der Roten Armee zurück in seine Heimat, wurde erst Minister, dann Ministerpräsident. Mehr als zehn Jahre bevor in der Tschechoslowakei Alexander Dubcek den Begriff des Sozialismus mit menschlichem Antlitz verkörperte, propagierte Imre Nagy 1956 in Ungarn einen „nationalen und menschlichen Sozialismus“.

Er war Kommunist. Das bedeutet sein Aus

Als eine Geheimrede des sowjetischen Parteichefs Nikita Chruschtschow gegen den Stalinismus bekannt wurde, löste das in Ungarn Studentenproteste gegen die Sowjetunion aus, die Ende Oktober 1956 zum Volksaufstand führten.

Da sich Armee und Polizei ungeachtet der in Ungarn stationierten sowjetischen Truppen mit den Aufständischen solidarisierten, glaubte Nagy, mit Moskau über einen möglichen Sonderstatus Ungarns verhandeln zu können. Der Versuch scheiterte jedoch. Sowjetische Panzer schlugen die Revolte nieder, 210.000 Ungarn flohen in den Westen. Nagy wurde verhaftet und im Juni 1958 hingerichtet.

Im Sommer 1989, im Jahr der Wende, wurde er rehabilitiert, sein Leichnam exhumiert und feierlich beigesetzt. Zu denen, die damals seine Umbettung gefordert hatten, gehörte der ungarische Studentenführer Victor Orban. 1996 wurde in der Nähe des Parlaments ein Denkmal von Imre Nagy zu seinem Gedächtnis errichtet. Dieses Denkmal ist jetzt, kurz vor der Jahreswende, demontiert worden. Nicht mehr seine Verdienste zählen, nur noch, dass er Kommunist gewesen war.

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