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Ungarn: Gyurcsany: Habe "breite" Unterstützung

Ungeachtet der anhaltenden Proteste sieht sich Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt. Damit hat er nicht Unrecht: Trotz der Ausschreitungen steigt seine Popularität.

Budapest - Auch nach der vierten Protestkundgebung gegen ihn will der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany weiter an seinem Amt festhalten. Er sehe eine "breite" Unterstützung bei der Bevölkerung, sagte Gyurcsany. "Daher werde ich nicht zurücktreten." Umfragen belegten, dass die Forderungen nach einem Rücktritt des Regierungschefs seit Montag wieder abflauen. Am Donnerstagabend hatten erneut rund 7000 Menschen, darunter zahlreiche Rechtsextremisten, für seinen Rücktritt in Budapest demonstriert. Auch am Freitagabend sollten die Proteste fortgesetzt werden.

In einem Interview mit der US-Tageszeitung "Washington Post" stellte Gyurcsany sein Eingeständis einer Wahllüge als bewusste Übertreibung dar, die er als Showeffekt eingesetzt habe. "Es ist wichtig, festzustellen, dass ich nicht gelogen habe", sagte Gyurcsany. Gegenüber der "Le Monde" sprach er von einem "dramatischen Monolog" um "Bewegung in eine Mannschaft zu bringen". Seine Politik werde sich durch den Vorfall nicht ändern. "Im Gegenteil: Ich bin mehr den je überzeugt, dass Anpassungen im Haushalt unvermeidbar sind." Allerdings sei sein "Programm für Steuererleichterungen nicht genug durchdacht gewesen".

Gyurcsanys räumte Wahlkampflügen ein

Das ungarische Radio hatte am Montag den Tonbandmitschnitt einer Rede Gyurcsanys vom Mai veröffentlicht, in der dieser hinter verschlossenen Türen vor Parteifreunden eingeräumt hatte, die Bevölkerung vor den Wahlen im Frühjahr belogen zu haben. Im Wahlkampf hatten die Sozialisten Steuersenkungen und höhere Sozialausgaben versprochen, nach der Wahl aber einen strikten Sparkurs eingeleitet.

Gyurcsany kam am Freitag in Berlin zu einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Dabei sollte es um die bilateralen Beziehungen sowie europapolitische und internationale Themen gehen. Ein angekündigte Pressebegegnung wurde kurzfristig abgesagt.

Gyurcsany gewinnt trotz Ausschreitungen in der Wählergunst

Seit dem Skandal stehen die Sozialisten geschlossen hinter Gyurcsany. Umfragen zufolge nützten dem Regierungschef auch die teilweise gewaltsamen Ausschreitungen am Rande der Demonstrationen. Während am Montag vor den Protesten noch 51 Prozent der Befragten für einen Rücktritt Gyurcsanys waren, forderten dies Ende der Woche nur noch 45 Prozent, sagte der Leiter des Meinungsforschungsinstituts Median, Endre Hahn, im staatlichen Fernsehen. Bei den Ausschreitungen wurden seit Montag fast 255 Menschen verletzt, die Polizei nahm mehr als 200 Menschen fest.

Am Donnerstagabend hatten sich rund 7000 Oppositionelle vor dem Parlament in Budapest versammelt, an den Vortagen waren es teilweise bis zu 10.000 Demonstranten gewesen. Die Demonstranten gingen gegen ein Uhr friedlich auseinander. In den Tagen zuvor hatten sich Rechtsextremisten Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Die Demonstrationen sollen nach Angaben der Veranstalter, die sich von den Gewalttaten distanzieren, noch bis zum 29. September fortgesetzt werden. Am 1. Oktober finden Kommunalwahlen in Ungarn statt. Der frühere Regierungschef Viktor Orban von der konservativen Fidesz-Partei fordert, Gyurcsany müsse nach einer Niederlage bei den Kommunalwahlen zurücktreten.

Für Freitagabend rief die rechtsextreme Partei MIEP zu einer Demonstration in Budapest gegen Gyurcsany auf. Vor den Parlamentswahlen im April war es der Partei, die seit 2002 nicht mehr im Parlament vertreten ist, gelungen, rund 10.000 Menschen zu einer Demonstration in der Hauptstadt zu versammeln. (tso/AFP)

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