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Orang Utans auf Borneo.

© imago images / Nature Picture Library

UN-Bericht zum Artensterben: Wie deutsche Politiker reagieren

Der UN-Bericht zeichnet ein düsteres Bild der Tier- und Pflanzenwelt. Der Mensch ist der Verursacher. Politiker mahnen Konsequenzen an.

Weltweit sind rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Das geht aus einem am Montag in Paris veröffentlichten Bericht des Weltbiodiversitätsrates hervor. Demnach gefährden menschliche Eingriffe immer stärker die natürlichen Lebensräume und die Artenvielfalt. Die Natur befinde sich in einem historisch beispiellosen Niedergang und das Artensterben beschleunige sich so sehr, dass die Existenz des Menschen selbst bedroht sei.

Hauptgründe seien die intensive Landwirtschaft, das Wachstum der Städte sowie der Klimawandel, heißt es in dem Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES), den 132 Mitgliedsstaaten am Wochenende beschlossen hatten. Darunter sind auch die USA, Russland und China. Bundesumweltministerin Svenja Schulze sprach von einer Aufforderung an die Weltgemeinschaft und Deutschland zum Handeln. „Es ist ein Weckruf“, sagte die SPD-Politikerin. Die Studie von Hunderten Wissenschaftlern aus 50 Ländern zeigt, dass das Artensterben derzeit bis zu hundertmal schneller voranschreitet als in früheren Epochen.

In den meisten Lebensräumen auf dem Land schwand die Zahl dort natürlich vorkommender Arten im Mittel um mindestens 20 Prozent, zumeist seit 1900, lautet eine weitere Kernaussage des Berichts. Dermaßen stark habe die Menschheit die Natur bereits zerstört, dass auch sie selbst nun in ihrer Entwicklung, Ernährungssicherheit, ihrem Einkommen und ihrer Lebensqualität gefährdet sei.

"Wir müssen aufwachen"

Umweltministerin Schulze sagte, man stehe vor ähnlich großen Herausforderungen wie beim Klimawandel. Der Bericht zeige aber auch Gegenmaßnahmen. So seien zum Beispiel Schutzgebiete wirksam. Sie werde sich daher auch in Deutschland für deren Ausweitung und Vernetzung einsetzen. Zudem müssten schädliche Subventionen in der Landwirtschaft gestrichen und das Fördersystem in der EU reformiert werden. Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sprach von einem Meilenstein und zeigte sich zutiefst beunruhigt. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, sie nehme den Verlust von Tier- und Pflanzenarten sehr ernst: „Wir entwickeln unsere Politik so weiter, dass wir die Natur schützen – aber auch nachhaltig nutzen.“ Nur durch nachhaltige Nutzung lasse sich der Artenschatz der Erde erhalten.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte: "Wir müssen aufwachen. Wenn bis zu einer Million Arten drohen auszusterben, wird das für unsere eigenen Lebensgrundlagen dramatische Folgen haben. Politik muss endlich handeln. Es ist unabdingbar, eine Landwirtschaft zu entwickeln jenseits des bisherigen Systemzwangs “Wachse oder Weiche". Dafür brauchen wir eine grundlegende Reform der EU-Agrarförderung. Die Bauern sollten gezielt Geld bekommen, die Gewässer und Arten schützen. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft muss drastisch reduziert und die giftigsten Pestizide müssen sofort verboten werden."

Die Autoren des Berichts verdeutlichen immer wieder, dass der Verlust an Biodiversität kein reines Umweltthema ist, sondern auch Entwicklung, Wirtschaft, politische Stabilität und soziale Aspekte wie Flüchtlingsströme beeinflusst. Viele der Entwicklungen hängen eng mit dem rasanten Wachstum der Weltbevölkerung zusammen. So haben sich die landwirtschaftlichen Ernteerträge seit 1970 vervierfacht. Der Holzeinschlag ist um fast 50 Prozent gestiegen. 60 Milliarden Tonnen Rohstoffe und Ressourcen werden jährlich abgebaut – fast doppelt so viele wie noch 1980. Die mit Städten bebaute Gesamtfläche ist mehr als doppelt so groß wie noch 1992. Gar verzehnfacht hat sich seit 1980 die Plastikmüllverschmutzung, zudem gelangen Unmengen Schwermetalle, Gifte und andere Abfallstoffe aus Fabriken in Gewässer. (mit dpa)

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