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Jens Spahn hält seine Immobiliengeschäfte für eine schützenswerte Privatangelegenheit.

© imago images/Jürgen Heinrich

Exklusiv

Umstrittene Immobiliendeals: Spahn will Presse-Auskünfte aus Berliner Grundbüchern einschränken lassen

Minister wendet sich an Datenschutzbeauftragte und verlangt „aufsichtsbehördliche Maßnahmen“, weil der Kaufpreis seiner Villa bekannt gegeben wurde.

Nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen Grundbuchämter in Berlin recherchierenden Journalistinnen und Journalisten künftig nicht mehr ohne weiteres Auskünfte zu seinen privaten Immobiliengeschäften erteilen dürfen. Das geht aus einer Beschwerde von Anwälten des Ministers an die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

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Demnach fordert Spahn von Smoltczyk „aufsichtsbehördliche Maßnahmen“ gegenüber dem Grundbuchamt beim Amtsgericht Schöneberg. Das Grundbuchamt hatte im vergangenen Herbst auf Tagesspiegel-Anfrage den Kaufpreis für Spahns Dahlemer Villa genannt. Smoltczyks Behörde stünden „wirksame Instrumentarien zur Verfügung, um die Durchsetzung des Datenschutzes zu erreichen“, heißt es in der Beschwerde. Sowohl der Minister wie Smoltczyk lehnten eine Stellungnahme zu dem Vorgang ab.

„In grobem Maße rechtswidrig“

In dem neunseitigen Schreiben von Ende Dezember wirft Spahn dem Grundbuchamt vor, es habe bei der Auskunft eine aus seiner Sicht gebotene Prüfung unterlassen. In der Presse-Anfrage zum Dahlemer Grundstück sei „schlichtweg nichts“ dargelegt worden, was ein Interesse an einer Einsichtnahme begründen könnte, heißt es. Dies wäre aus Sicht des Politikers aber zwingend erforderlich gewesen. Die Behörde habe daher „in grobem Maße rechtswidrig“ gehandelt und „Grundsätze des Datenschutzes missachtet“, als sie die erbetenen Informationen herausgegeben habe.

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Nach Recherchen verschiedener Medien war bekannt geworden, dass Spahn mit seinem Ehemann Daniel Funke nicht nur eine Villa für mehrere Millionen Euro erworben hat, sondern ihm auch zwei Wohnungen gehören, von dem eine in seinem Alleineigentum steht. Eine der Wohnungen hat der Minister für rund eine Million Euro von einem Ex-Pharma-Manager gekauft, den er später an die Spitze der mehrheitlich bundeseigenen Firma Gematik holte. Gematik soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranbringen.

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Dennoch hält Spahn dies alles für eine Privatangelegenheit und geht weiter gerichtlich gegen Medien vor, die den Villen-Kaufpreis veröffentlichen, unter anderem gegen den Tagesspiegel. Offenbar um sich dazu nähere Informationen zu verschaffen, hatte er, wie berichtet, vom Grundbuchamt die Herausgabe von Namen und Anfragen von Journalisten verlangt, die sich für seine Immobilien interessieren. Zudem ließ er sich eine Kopie der Grundbuchakte übermitteln.

Ursprünglich hatte Spahn seine Vorwürfe auch direkt an das Grundbuchamt adressiert. Ein Ministeriumssprecher erklärte Ende Februar, Spahn stehe in dieser Angelegenheit nicht mit Journalisten, sondern mit der Behörde „im Streit“. Eine Einsichtnahme ins Grundbuch sei für Dritte nicht beliebig möglich, so der Sprecher, sondern erfordere prinzipiell ein „berechtigtes Interesse“. Es solle eine „möglicherweise rechtswidrige Behördenhandlung“ überprüft werden.

„Ein Auskunftsanspruch der Presse im Rahmen der Recherche besteht“

Seitens des Schöneberger Amtsgerichts ist diese Prüfung offenbar beendet. Ein Rechtsmittel Spahns, eine so genannte Erinnerung, wies das Gericht Mitte Januar als unzulässig zurück. Das Grundbuchamt sei „zur Erteilung von Auskünften berechtigt“, heißt es in dem Beschluss, der dem Tagesspiegel vorliegt. Zudem bestehe gegen eine bereits gewährte Grundbucheinsicht kein Beschwerderecht, weshalb ein Rechtsmittel „nicht gegeben“ sei. 

Bereits Wochen vorher hatte das Amtsgericht Spahn schon ausdrücklich wissen lassen, dass „ein Einsichtnahmeanspruch der Presse in ein Grundbuch im Rahmen journalistischer Recherche bzw. ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht“. Die Rechtsgrundlage dafür, Paragraf 12 der Grundbuchordnung, sei vor der Nennung des Kaufpreises „selbstverständlich“ geprüft worden.

Den Streit direkt mit dem Grundbuchamt will Spahn nun offenbar nicht mehr fortsetzen. Eine Anfang Februar gegen den Gerichtsbeschluss eingelegte Beschwerde nahm der Minister mit Schreiben seiner Anwälte vom 5. März zurück. Wie die Datenschutzbehörde jetzt mit Spahns Beschwerde weiter verfährt, will sie nicht mitteilen – aus Datenschutzgründen.

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