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Software für Gesichtserkennung ist sehr umstritten.

© Getty Images/iStockphoto

Umstrittene Gesichtserkennungssoftware: Hacker stehlen Kundenliste von Clearview

Die Firma ist in der Kritik, weil Behörden mit ihrer Software nur ein Foto brauchen, um Menschen auszuforschen. Nun hatte Clearview AI ein Datenleck.

Das umstrittene US-Interunternehmen Clearview AI, das sich auf Gesichtserkennungstechnologie spezialisiert hat, hat seine gesamte Kundenliste an Hacker verloren. Dies berichtet der Sender CNN unter Berufung auf das Unternehmen. Die Firma ist in der Kritik, weil mit ihrer Software sehr einfach Menschen auf Fotos identifiziert werden können.

Clearview AI sagt, die Schwachstelle sei behoben

Der Anwalt von Clearview AI, Tor Ekeland, teilte demnach mit, Sicherheit habe für das Unternehmen zwar höchste Priorität, "aber leider sind Datenverstöße ein Teil des Lebens". Er fügte hinzu, dass das Unternehmen seine Sicherheitsverfahren weiter verstärkt habe und dass die Schwachstelle behoben worden sei.
In einer Nachrichten an Kunden, über die die US-Plattform "Daily Beast" berichtet, teilte Clearview AI mit, dass Hacker "sich unbefugten Zugang" zu seiner Kundenliste, zu der Polizeikräfte, Strafverfolgungsbehörden und Banken gehören, erlangt habe. Das Unternehmen beteuerte aber, dass die Hacker keine Durchsuchungshistorie von Kunden erhalten hätten.

Das Unternehmen mit Sitz in New York gibt an, mit der Software Clearview mehr als drei Milliarden Fotos aus dem Internet gesammelt zu haben, darunter Fotos von beliebten sozialen Medienplattformen wie Facebook, Instagram, Twitter und YouTube. "Scrapen" nennen das Experten. Das AI im Unternehmensnahmen steht für "Artificial Intelligence" – Künstliche Intelligenz.

Die von Clearview durchgeführten Bildanalysen werden offenbar mittlerweile mehr als 600 Behörden und privaten Unternehmen wie zum Beispiel im Gastgewerbe oder im Bankwesen zur Verfügung gestellt, um Personen zu identifizieren, die Straftaten begangen habe.

Mit Clearview lassen sich Menschen angeblich in Sekunden erkennen

Die Firma löste im Januar eine Kontroverse aus, nachdem die "New York Times" (NYT) berichtet hatte, dass die Technologie von Clearview AI es Strafverfolgungsbehörden ermögliche, Fotos von unbekannten Gesichtern mit den Online-Bildern von Personen abzugleichen. Das Unternehmen behält diese Fotos auch dann in seiner Datenbank, wenn Internetnutzer sie von den Plattformen löschen oder ihre Konten privatisieren.

Die Dimension gehe weit über alle bekannten Systeme hinaus, berichtete die NYT. Angeblich lassen sich mit Hilfe von Clearview Millionen Menschen innerhalb weniger Sekunden erkennen. Die Software lädt offenbar automatisch massenhaft Fotos herunter und analysiert sie. Wenn das System Übereinstimmungen findet, liefert es dem Bericht zufolge weitere Fotos und persönliche Daten.

IT-Experten warnen vor Software wie Clearview

Dem Bericht der NYT zufolge sehen Experten eine große Gefahr für potenziellen Missbrauch: "Die Möglichkeiten, dies als Waffe einzusetzen, sind endlos", zitiert die Zeitung Eric Goldman, Co-Direktor des High Tech Law Institute an der Santa Clara University. "Stellen Sie sich einen Strafverfolgungsbeamten auf Abwegen vor, der potenzielle Liebespartner verfolgen möchte, oder eine ausländische Regierung, die dies nutzt, um Geheimnisse über Menschen zu erpressen oder sie ins Gefängnis zu werfen."

Twitter, Google und Facebook haben CNN zufolge inzwischen mit Unterlassungserklärungen reagiert. Wie der Sender berichtet, haben einige Bundesstaaten wie zum Beispiel New Jersey ein landesweites Verbot für Strafverfolgungsbehörden erlassen, die Software von Clearview einzusetzen.

Clearview-Chef Hoan Ton-That spielt Bedenken herunter

In einem Interview mit CNN Business Anfang Februar hatte der Gründer und Chef von Clearview AI, Hoan Ton-That, versucht, die Bedenken über seine Technologie herunterzuspielen. CNN sagte er, er wolle ein "großes amerikanisches Unternehmen" mit "den besten Absichten" aufbauen. Er würde sein Produkt nicht an den Iran, Russland oder China verkaufen und behauptete, die Technologie würde Kinder retten und Verbrechen aufklären.

Nach den Berichten über Clearview AT Clearview war Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) von seinen ursprünglichen Plänen abgewichen. Seehofer entschied, dass es der Bundespolizei doch nicht erlaubt werden solle, an sicherheitsrelevanten Orten Software zur Gesichtserkennung einzusetzen.

Bundesbehörden haben Clearview nach Angaben des Bundesinnenministeriums nicht genutzt oder getestet. Das Bundeskriminalamt nutzt seit 2008 ein Gesichtserkennungssystem (GES) zur "Identifizierung unbekannter Täter".

Anders als bei Clearview, das auf massenhaft im Internet abgegriffene Daten zugreift, wird hier ein Foto eines unbekannten Täters mit 5,6 Millionen Lichtbildern von zuvor erkennungsdienstlich behandelten Personen verglichen, die im bundesweiten Informationssystem der Polizei gespeichert sind. Auch Bundespolizei und Landespolizeibehörden nutzen das GES. Den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologien sieht auch die EU-Kommission kritisch.

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