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Alice Weidel und Tino Chrupalla, die Partei- und Fraktionschefs der AfD.

© dpa/Gregor Fischer

Umgang mit der AfD im Parlament: Mehrheit ist nicht alles, was zählt

Drei Ausschüsse im Bundestag dürfen vorerst ohne AfD-Vorsitz bleiben, entscheidet das Verfassungsgericht. Ein Gewinn für die Demokratie? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Die AfD ist vor Gericht mal wieder – ja, was? Gescheitert? Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag ihrer Fraktion zurückgewiesen, den Vorsitz von drei Parlamentsausschüssen zu besetzen. Im vergangenen Dezember gab es in den Gremien Wahlen dazu. Die jeweilige Mehrheit hatte die Kandidaten der Igitt-Partei für diese Posten in Innen,- Gesundheits- und Entwicklungsausschuss durchfallen lassen.

Job der Vorsitzenden ist es, zu organisieren

Was aussieht wie ein demokratischer Vorgang, ist ein parlamentarischer Grenzgang. In den Ausschüssen wird ein wesentlicher Teil der Parlamentsarbeit erledigt. Job der Vorsitzenden ist es, das gut zu organisieren. Eben weil es ein Job ist, werden sie normalerweise nicht gewählt, sondern man einigt sich im Ältestenrat. So legt es die Geschäftsordnung fest, so sind die Gepflogenheiten. Das Prinzip heißt Proporz. Bei 25 ständigen Ausschüssen wäre auch etwas für die AfD dabei. Fraktionen, so bestimmt es das Grundgesetz, sollen in angemessener Weise an der Parlamentsarbeit beteiligt werden.

An der Klage ist, wieder mal, etwas dran

Das Bundesverfassungsgericht hat noch kein abschließendes Urteil gesprochen. Es hat den Eilantrag abgelehnt, weil die Vorsitzfrage weniger einschneidend ist, als die AfD glauben machen will. Zugleich machen die Richterinnen und Richter deutlich, dass an ihrer Klage, wieder mal, etwas dran ist.

Unabhängig vom Verfahrensausgang könnten die nach ihrer Selbstauskunft demokratischen Parteien samt ihrer Fraktionen dies zum Anlass nehmen, ihren damaligen Regelbruch – denn das war er, auch wenn es vielleicht kein Verfassungsbruch war – kritisch in den Blick zu nehmen. War das nötig, wo Ausschusschefs weder Einfluss noch besondere Repräsentationsaufgaben haben? Letztlich war es symbolhaftes Handeln, um den Rechten den politischen Raum so eng wie möglich zu machen, eben auch den parlamentarischen.

Volksvertreter beim Vertreten zu behindern, macht einen schlechten Eindruck

Verteidiger dieser Strategie werden auf den aktuellen Niedergang der AfD verweisen können, der aber mehr mit ihrer Russlandpolitik und der relativen Abwesenheit dunkelhäutiger Flüchtender zu tun haben dürfte als mit Stellschrauben im Maschinenraum der Demokratie. Es ist okay, die Partei von Twitter bis zur Talkshow auf allen möglichen politischen Schlachtfeldern zu zerlegen. Es ist auch angebracht, sie unter Beobachtung des Verfassungsschutzes zu stellen, soweit die rechtsstaatlichen Regeln dafür strikt eingehalten werden. Parlamentarische Teilhabe aber ist ein sensibles Terrain, das nicht leichtfertig zum Kampfplatz gemacht werden sollte. Gewählte Volksvertreter beim Vertreten zu behindern, macht einen schlechten Eindruck. Egal, ob es legal ist.

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