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Politik: Um des Friedens willen

Die Grünen vermeiden Koalitionsstreit um den Irak-Krieg: Deutsche Soldaten sollen in Awacs mitfliegen dürfen

Von

Von Hans Monath

und Sven Lemkemeyer

Es muss eine ganz besondere Lage eintreten, damit Friedensbewegung und Unionsparteien zu demselben Urteil über die Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung kommen. Die Festlegung des Bundeskanzlers, Deutschland werde sich seinen Bündnispflichten im Rahmen der Nato nicht entziehen und deutsche Soldaten würden daher auch im Fall eines Irak-Krieges zum Schutz der Türkei in den Awacs-Maschinen weiter Dienst tun, ist so ein Fall. Der ausbleibende Widerspruch von SPD und Grünen hat Union und Friedensbewegung zu ähnlichen Schlüssen gebracht: Die Regierung habe nun einem Kampfeinsatz zugestimmt und könne nicht weiter behaupten, deutsche Soldaten würden sich nicht an einem Irak-Krieg beteiligen, kritisierte der Sicherheitspolitiker der Unionsfraktion, Christian Schmidt (CSU). Elke Steven, Sprecherin des Antikriegsbündnisses „resist“ sagt: „Dass die Regierung zurückrudern und den Krieg mittragen würde, das hatten wir befürchtet.“

Auch jene Koalitionsabgeordneten reagiern gelassen, die bislang gegen jedes militärische Engagement Stimmung gemacht hatten. Aus der SPD sind keinerlei kritische Töne zu hören. Selbst der Parlamentarier Rüdiger Veit, der im Mazedonien-Konflikt noch für die Kritiker des Nato-Einsatzes in der SPD-Fraktion sprach, hat nun keine Probleme mit der Awacs-Ankündigung.

Ebenso milde gehen die Grünen mit der Entscheidung um, die der Kanzler mit Außenminister Joschka Fischer abgesprochen haben will. „Die Linie der Koalition ist vollkommen klar“, sagt die neue Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke: „Es gibt keine deutsche Beteiligung an einem Irak-Krieg.“ Lemke hatte gegen den Anti-Terror-Einsatz „Enduring freedom“ gekämpft und die Koalition zum Wackeln gebracht. Jetzt sagt sie nur: „Was die Einhaltung völkerrechtlicher Verträge angeht, sind noch einzelne Punkte zu klären.“

Deutlich zu spüren ist bei den Grünen der Wunsch, nicht noch mehr Unruhe ins Verhältnis zur SPD zu tragen und die Koalition zu destabilisieren. Auch notorische Militärkritiker wie die Abgeordneten Hans-Christian Ströbele und Winfried Hermann oder Parteirats-Mitglied Astrid Rothe geben sich plötzlich milde. Ströbele räumt ein, dass bei Awacs-Einsätzen deutscher Soldaten im Fall eines Krieges zwischen aktiver Teilnahme und Schutz des Nato-Bündnisgebietes – wie in der Türkei – schlecht zu trennen sei: „Das ist eine ganz schwierige Frage.“ Statt sich auf ein Nein festzulegen, will er sich nun von Militärs informieren lassen. Zum Widerspruch gegen Schröder sieht er keinen Anlass. Der Kanzler hatte offen gelassen, ob die Ankündigung auch für den Fall eines nicht von den UN mandatierten Einsatzes der USA gilt. Sogar für die Aussage Schröders, Grünen-Chefin Angelika Beer habe über den Awacs-Einsatz nicht zu entscheiden, findet Ströbele Verständnis: „Das war eine etwas flapsige Formulierung, die aber mit dem Grundgesetz vereinbar ist.“

Bereits im Zusammenhang mit den US-Angriffen auf Afghanistan 2001 wurde der Einsatz von deutschen Soldaten in Awacs-Maschinen heftig diskutiert. Die Bundesregierung hatte damals den USA militärische Unterstützung zugesagt, und die Nato entsprach der US-Bitte, fünf ihrer 17 Awacs-Maschinen zur Überwachung des Luftraums in Amerika bereitzustellen. Etwa 40 Bundeswehrsoldaten waren von Oktober 2001 bis Mai 2002 in den USA im Einsatz.

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