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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski zu Gast bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© Wolfgang Kumm/dpa

Ukrainischer Staatschef Selenski in Berlin: Merkel: Russland-Sanktionen können nicht aufgehoben werden

Trotz eines kurzen Schwächeanfalls traf sich die Kanzlerin mit dem ukrainischen Präsidenten - und fand deutliche Worte zum Thema Sanktionen.

Vor dem Kanzleramt erklingt gerade die deutsche Nationalhymne, als Angela Merkel unkontrolliert zu zittern beginnt. Die Kanzlerin steht neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski, der zum ersten Mal seit seiner Amtseinführung in Deutschland ist und gerade mit militärischen Ehren empfangen wird. Es sind mindestens 30 Grad im Schatten, Merkel und ihr Gast sind der Mittagssonne ungeschützt ausgesetzt. Plötzlich zittert die Kanzlerin am ganzen Körper. Dennoch setzt sie das Programm fort, als sei nichts geschehen.

"Ich stand neben ihr, sie war in voller Sicherheit"

Knapp anderthalb Stunden später, nach einem gemeinsamen „Arbeitsmittagessen“, wirkt sie wie immer. Als Journalisten sie auf den Zwischenfall ansprechen, sagt sie, sie habe „mindestens drei Gläser Wasser“ getrunken. „Das hat offenbar gefehlt.“ Es gehe ihr sehr gut. Auch ihr Gast möchte noch etwas hinzufügen: „Ich stand neben ihr – und glauben Sie mir, sie war in voller Sicherheit“, sagt der ukrainische Präsident mit einem jungenhaften Lächeln.

Da ist er wieder, der Komiker Wolodymyr Selenski, der in einer solchen Situation einen Scherz nicht einfach nicht machen kann. Bevor er die Präsidentenwahl gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko gewann, hatte er eine Satiresendung im ukrainischen Fernsehen und spielte in der Serie „Diener des Volkes“ einen Lehrer, der unverhofft Präsident wird.

Selenski lädt Sanktionsgegner in die Ukraine ein

Doch auf seiner ersten Pressekonferenz in Berlin klang Selenski, als sei er schon lange in der Politik. Das wichtigste Thema für ihn sei die Beendigung des Krieges in der Ostukraine. „Wir haben diesen Krieg nicht angefangen, aber wir hoffen, dass wir ihn so schnell wie möglich beenden können.“ Zugleich ging er auf die deutsche Debatte um eine Aufhebung der Russland-Sanktionen ein, die von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ausgelöst worden war. „Sanktionen sind der einzige Weg, ohne Blutvergießen zu einer Beendigung des Konflikts zu kommen.“ Diejenigen in Deutschland, die eine Aufhebung der Strafmaßnahmen fordern, lud er ein, in die Ukraine zu fahren und sich selbst ein Bild zu machen.

Merkel erteilte Forderungen nach einem Ende der Sanktionen eine klare Absage. Die „territoriale Integrität der Ukraine“ müsse wiederhergestellt werden. Solange es dabei keine Fortschritte gebe, könnten die Sanktionen nicht aufgehoben werden. Die wegen Russlands Annexion der Krim verhängten Strafmaßnahmen könnten erst enden, „wenn die Krim zur Ukraine zurückkehrt“. Beim EU-Gipfel in dieser Woche soll es um eine Verlängerung der Sanktionen gehen. Es sei gut, dass es in dieser Frage große Einigkeit innerhalb der EU gebe, sagte die Kanzlerin.

Neuer Gipfel zum Ukraine-Konflikt?

Selenski sprach sich für ein Ukraine-Gipfeltreffen mit Merkel, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron aus. Ein solches Treffen solle nach der ukrainischen Parlamentswahl im Juli so bald wie möglich stattfinden. „Wir stehen bereit, sowohl Präsident Macron als auch ich“, sagte Merkel. Deutschland und Frankreich vermitteln im Ukraine-Konflikt. Im Osten des Landes führen von Russland mit Kämpfern und Waffen unterstützte Separatisten seit 2014 Krieg gegen die ukrainische Armee. Trotz aller Vermittlungsbemühungen ist es bisher nicht gelungen, einen Waffenstillstand zu erreichen.

Für ein Gipfeltreffen der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs hatte sich am Montag auch Macron ausgesprochen. Selenski war noch vor seinem Besuch in Berlin nach Paris gereist. Die beiden Präsidenten kennen sich bereits, denn Macron hatte sowohl Poroschenko als auch Selenski vor der Stichwahl in der Ukraine empfangen. Merkel hatte dagegen nur Poroschenko eingeladen. Darauf von Journalisten angesprochen sagte Selenski, das sei „ihre Sache“ und ganz normal. „Jetzt trifft sie sich mit dem ukrainischen Präsidenten.“ Dieses Gespräch, da waren sich beide einig, sei „ein sehr gutes Treffen“.

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