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Das Schiff "Audacia" verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2.

© Bernd Wüstneck/dpa

Ukraine-Konflikt: Grün-schwarze Koalition gegen Nord Stream 2

Eine wachsende Koalition aus Spitzenpolitikern der Grünen und der CDU verlangt von Merkel den Stopp der Pipeline. Die Abhängigkeit von Moskau soll sinken.

Nach dem russischen Angriff auf ukrainische Marineschiffe in der Straße von Kertsch wächst eine grün-schwarze Koalition von Europa- und Bundestagsabgeordneten, die einen Stop des deutsch-russischen Gaspipeline-Projekts Nord Stream 2 verlangen. Der Konflikt gehört zu den Hauptthemen des G-20-Gipfels in Argentinien. US-Präsident Trump hat aus Protest gegen Russlands Verhalten sein Gespräch mit Wladimir Putin bei G 20 abgesagt und sich für eine Vermittlerrolle Merkels ausgesprochen. Er ist aber auch ein vehementer Gegner der Pipeline und hat Sanktionen gegen die an dem Projekt beteiligten Firmen angekündigt.

Grüne Parteiführung gegen die Pipeline

Zu den expliziten Gegnern der Pipeline gehören grüne Spitzenpolitiker wie die Parteichefin Annalena Baerbock, die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer und zahlreiche Bundestagsabgeordnete. In der CDU fordern der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen, und mehrere Europa- und Bundestagsabgeordnete von Angela Merkel, Nord Stream 2 zu stoppen, darunter Elmar Brok und Michael Gahler. Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter verlangt schärfere Sanktionen gegen Russland.

Die Liste der Pipeline-Gegner, die einen offenen Brief an die Kanzlerin unterzeichnet haben, umfasst rund hundert namhafte Politiker aus Deutschland und Europa vornehmlich aus den Reihen der Grünen, der Europäischen Volkspartei und der Liberalen. Die Bewerber um den CDU-Vorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn, haben ihre Haltung zu der Pipeline nach dem verschärften russisch-ukrainischen Konflikt nicht öffentlich erklärt. Die SPD, die Linke und die AfD verteidigen das Projekt.

Röttgen (CDU): Alle Mittel außer militärischen nutzen

Deutschland müsse sich „dieser weiteren rechtswidrigen russischen Machtausdehnung mit allen Mitteln außer militärischen entgegenstellen“, sagte Röttgen der Bild-Zeitung. Baerbock forderte die Bundesregierung in der „Welt“ zu einer „politischen Absage“ an das Projekt auf. Bütikofer sagte im Deutschlandfunk: „Das Kapern dreier ukrainischer Schiffe durch die russische Marine zeigt eindeutig, dass Russland seine Übergriffe gegenüber der Ukraine nicht gestoppt hat, dass diese nicht eingehegt sind.“ Das zentrale Ziel Russlands sei es, den Gas-Transport durch die Ukraine überflüssig zu machen. „Lassen wir uns also auf Nord Stream 2 ein, dann bedeutet das, Russland kann in Zukunft seine Ukraine-Schikanen von seiner Europa-Politik abkoppeln.“

Die Ablehnung gegen die Pipeline war bereits vor der Verschärfung der Lage gewachsen und hatte vor drei Wochen zu dem offenen Brief an Merkel geführt mit der Aufforderung, das Projekt Nord Stream 2 zu stoppen: „Es läuft den Zielen der Europäischen Energieunion zuwider und gibt Russland zusätzlichen strategischen Einfluss auf die EU, in dem es ihre Energieabhängigkeit von Russland verstärkt.“ Die Bundesregierung vertiefe den „Riss zwischen EU-Mitgliedstaaten in einer Zeit, in der Zusammenhalt nötiger wäre denn je.“ Bütikofer sagt nun: „Wir sollten uns jetzt auf Nord Stream 2 konzentrieren. Es braucht ein deutliches Signal an Moskau.“ 

Dänemark verzögert den Bau des Projekts

Polen hatte im Oktober den Stopp des Projekts gefordert. Die 1200 Kilometer lange Pipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland ist bereits im Bau. Sie umgeht die bisherigen Transitländer auf dem Landweg, darunter die Ukraine. Dänemark verweigert die Genehmigung, die Pipeline durch seine Hoheitsgewässer zu legen. Dadurch wird eine Umgehung nötig, die den Bau verteuert und verzögert.

Die Kritiker wenden unter anderem ein, dass Russland mit den Einnahmen aus den Gasgeschäften seine imperiale Politik finanziere. Befürworter stellen den Konflikt anders dar: Die Pipeline diene dem Ausgleich zwischen deutschen und russischen Interessen. Hinter dem Widerstand stünden ökonomische Interessen der USA. Sie wollten ihr Flüssiggas an Stelle des russischen Pipelinegases nach Europa verkaufen.

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