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Aufstellung genommen. Ukrainische Soldaten bei einem Besuch ihres Präsidenten Poroschenko am Dienstag.

© Roman Pilipey/dpa

Ukraine: Die USA machen Druck auf Kiew

Die Ukraine will keine Wahlen im Osten des Landes, wie es das Minsker Abkommen vorsieht. Das finden die USA nicht gut. Kiew spielt offenbar auf Zeit, um die Vorgaben nicht erfüllen zu müssen.

Die Zahlen der UN steigen. Alleine in den vergangenen Tagen sind im Osten der Ukraine sechs Zivilisten ums Leben gekommen. Derzeit sind die Kämpfe so intensiv, wie seit dem Spätsommer 2014 nicht mehr. Seit Ausbruch des Kriegs sind 9333 Menschen getötet und 21 000 verletzt worden. Die Auseinandersetzungen im Donbass gehen ins dritte Jahr, eine schnelle Lösung wird nicht erwartet.

Das Minsker Abkommen, auf das sich im Februar 2015 Russland, die Ukraine und die EU verständigt haben, liegt auf Eis. Keiner der 13 Punkte ist umgesetzt. Derzeit gibt es einen weiteren Versuch, das Gebiet in der Ost-Ukraine doch noch zu befrieden. Vor allem die USA machen derzeit Druck. Der ukrainische Journalist und Spezialist für Regierungsinterna, Sergej Rachmanin, beschreibt die Gemütslage der ukrainischen Führung und deren westliche Partner. Vor allem Viktoria Nuland, die ehrgeizige Staatssekretärin im US-Außenamt, könnte, wenn Hillary Clinton die US-Wahlen gewinnt, „in ein höheres, politisches Amt gelangen, doch dazu braucht sie auch eigene Erfolge“, schreibt Rachmanin auf der Internetseite der Wochenzeitung „Zerkalo Nedeli“.

Nuland hat Mitte dieser Woche zwei Tage in Kiew verbracht und dort stundenlang auf die politischen Entscheidungsträger aus Parlament, Kabinett und Regierung eingeredet. Vor allem Punkt vier der Minsker Vereinbarungen, Wahlen in den Gebieten von Donezk und Lugansk, sollten ihrer Meinung nach bis zum Sommer dieses Jahres umgesetzt werden.

Kiew hofft auf bessere Zeiten

Mit Präsident Petro Poroschenko habe Nuland fast fünf Stunden unter vier Augen gesprochen. Die Amerikanerin hat versucht, Poroschenko davon zu überzeugen, die Lage im Donbass innerhalb der nächsten vier Monate grundlegend zu ändern. Nachdem das Parlament der Ukraine den Regionen einen Sonderstatus, im Grunde volle Autonomie, zugesteht, sollten dort sofort Wahlen unter Aufsicht der OSZE stattfinden.

Angeblich hat Poroschenko die für einen solchen Prozess notwendigen Gesetze alle bereits in der Schublade liegen. „Er müsse sie nur zur Abstimmung ins Parlament einreichen“, schreibt Rachmanin. Doch das ukrainische Staatsoberhaupt zögert. Er befürchtet, keine Mehrheiten von seinen eigenen Leuten zu bekommen und auf die Stimmen pro-russischer Parteien und Politiker angewiesen zu sein, die wiederum massive Interessen im Donbass haben.

Poroschenko hat sich aber auch aus einem zweiten Grund dazu entschieden, auf Zeit zu spielen. Nicht nur in den USA sind Wahlen, auch in Frankreich und Deutschland wird 2017 gewählt. In den nächsten Monaten, so die Hoffnung der Strategen aus der Bankova, dem Amtssitz des Präsidenten in Kiew, werden sich die wichtigsten westlichen Partner Kiews mit anderen Problemen befassen müssen als mit der Ukraine.

Die russische Seite hingegen verfolgt die Rückkehr Russlands in die internationale Gemeinschaft. Die EU und die USA sollen, nach dem Willen Moskaus, die 2014 verhängten Wirtschaftssanktionen aufheben und das Land wieder in den Kreis der G7-Staaten aufnehmen. Russland selber hat deshalb kein Interesse daran, die Lage im Donbass weiter hochkochen zu lassen. Poroschenko hofft, von dieser Gemengelage zu profitieren. Dabei spekuliert er darauf, dass sich später einmal eine günstigere Lage ergibt. Ob das realistisch ist, wird sich weisen.

Unterdessen gibt es Gezerre um die OSZE. Mit Unterstützung der USA hatte Poroschenko gefordert, die OSZE solle bewaffnete Polizeibrigaden aufstellen. Deutschland und Russland reagierten darauf sauer, weil das den Charakter der Mission verändern würde.

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