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Chinas Präsident Xi Jinping mit Kanzlerin Angela Merkel (Archivbild von 2017)

© Wolfgang Rattay/REUTERS

Uiguren, Hongkong, Huawei: Deutschland muss die Kooperationen mit China überprüfen

Hongkong und der Umgang mit den Uiguren sind nur Beispiele dafür, dass Peking sich nicht öffnet. Die China-Politik muss neu justiert werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Deutschland muss seine China-Politik neu justieren. Die Enthüllungen über die Unterdrückungspraktiken gegen die muslimische Minderheit der Uiguren und das brutale Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong sind dafür aktueller Anlass genug. Aber sie stehen nicht für sich. Sie kommen zu einer ganzen Reihe von Auslösern und Motiven hinzu, die die Bundesregierung zu einer Neubewertung Chinas zwingen.

Diese reichen von der Exportwirtschaft, der Industriepolitik und dem Umgang mit Daten über den Dialog zu Rechtsstaat, Demokratie, Militär und Klimapolitik bis zu Fragen einer allzu großen Abhängigkeit von China einerseits als Absatzmarkt für deutsche Waren und andererseits als Financier von Infrastrukturmaßnahmen in der EU. Beides macht latent erpressbar.

Die Debatte über eine zeitgemäße China-Strategie ist zudem nötig, weil die deutschen Parteien sehr unterschiedlich aufgestellt sind, die Differenzen aber nicht öffentlich austragen.

In der Union ringen zwei Lager miteinander, wie bei der Entscheidung zu besichtigen war, ob Huawei Schlüsselkomponenten für 5-G-Netze liefern darf. Das sei viel zu riskant, da werden Daten abgeschöpft und an den Staatsapparat weitergegeben, warnen die Sicherheitsexperten. Der Verdacht reiche nicht für einen Ausschluss und man solle China entgegenkommen, argumentiert der Wirtschaftsflügel. Auf seine Seite stellte sich die Kanzlerin.

Die Grünen sind ähnlich gespalten bei ihren Schlüsselthemen wie Klima und Grundrechtefragen. Für die Einen sollen die westlichen Industrieländer wesentlich härtere Auflagen bei der Reduzierung von Emissionen als China erfüllen, weil sie doch ihren wirtschaftlichen Vorsprung mit Schäden an der Umwelt erkauft haben und man den aufstrebenden Schwellenländern das Aufholen nicht verwehren dürfe.

Für die Anderen ist China inzwischen der größte Verschmutzer, möchte seinen Schadstoffausstoß bis mindestens 2030 kräftig steigern und tausende Kohlekraftwerke bauen, die noch Jahrzehnte am Netz sein werden. Europa und die USA senken ihre Emissionen zu beträchtlichen Kosten, das wird aber die globale Bilanz nicht verbessern, wenn nicht auch China spürbar reduzieren muss.

Bedenkliche Abhängigkeit von Peking in der Elektromobilität

Auf die Unterdrückung der Uiguren und der Demonstranten in Hongkong reagieren Grüne wie Margarete Bause wesentlich härter als Politiker der Union, der SPD, der FDP oder der Linken. Da darf man spannende Debatte erwarten, falls die nächste Koalition eine schwarz-grüne ist. Höchste Zeit, dass die Leisetreterei gegenüber Peking ein Ende hat.

In einigen Regionen ist China noch Entwicklungsland, darauf soll man Rücksicht nehmen. In anderen Bereichen ist es ein harter Konkurrent, der Deutschland nicht nur eingeholt, sondern überholt hat. Und der versucht, seine Bedingungen zu diktieren. Siehe G5. Siehe Elektromobilität und Batterietechnik, wo VW sich in eine bedenkliche Abhängigkeit begeben hat.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nennt China einen „systemischen Wettbewerber“ und empfiehlt wie Emmanuel Macron mehr Konfliktbereitschaft, wo das nötig ist, um die deutschen und europäischen Interessen zu verteidigen.

Wünschenswert wäre natürlich, wenn die Politik gegenüber China EU-weit konzertiert ablaufen würde. In einem gemeinsamen Wirtschaftsraum sind Handels- und Investitionsbeschränkungen, die nur ein Mitglied beschließt, mäßig wirksam.

schreibt NutzerIn Gophi

China will Deutschland die Bedingungen diktieren

Die Zeiten, in denen man hoffen konnte, dass China sich am Westen orientiert, sich langsam öffnet und liberale Werte und Gesellschaftsvorstellungen übernimmt, sind vorbei. Das Internet wird zensiert und dient der sozialen Kontrolle. In Asien tritt Peking als Hegemon auf, der mit militärischen Mitteln seine Einflusszonen erweitert.

Deutschland muss die Zusammenarbeit nicht gleich beenden. Aber es muss Bereich für Bereich überprüfen: Wo nutzt die Kooperation beiden Seiten? Wo erzielt China einseitige Vorteile, die deutschen Interessen schaden oder beträchtliche Zukunftsrisiken mit sich bringen?

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