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Flucht vor Tränengas: Ein Mann trägt einen Jungen im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos.

© Reuters/Giorgos Moutafis

Update

Überfülltes Flüchtlingslager auf Lesbos: Unruhen nach Brand im Camp Moria

Bei einem Feuer im Lager Moria auf Lesbos stirbt mindestens ein Mensch. Griechenland verschärft Migrationspolitik - mehr Menschen wollen nach Nordeuropa.

Bei einem Feuer im völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Das bestätigten die griechische Polizei und die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Zudem wurden nach 16 Menschen verletzt. Der Tagesspiegel erfuhr von Ärzte ohne Grenzen in Moria, dass es sich dabei zumeist um Wunden handelt, die infolge von Tumulten beim Wegrennen in der Masse der Menschen entstanden. Griechenland und die EU tragen eine Mitverantwortung für die immer neuen Katastrophenmeldungen aus dem inhumanen Lager Moria, sagte Sprecherin Anna Pantelia in Moria dem Tagesspiegel. ""Es ist höchste Zeit, die unmenschliche Politik des Einschlusses zu beenden, die Menschen müssen dringend aus dieser Hölle evakuiert werden, zu der sich Moria entwickelt hat."

Die Tragödie löste am Sonntag teils gewaltsame Proteste der Bewohner des Lagers aus. Die Polizei setzte laut dem Bericht eines AFP-Korrespondenten Tränengas ein, um die Lage unter Kontrolle zu behalten. Aus Athen wurden zudem mit Armeehubschraubern zusätzliche Sicherheitskräfte eingeflogen.

Ausnahmezustand im verwahrlosten Lager

Flüchtlinge gaben an, dass die Feuerwehr viel zu lange gebraucht habe, bis sie im Lager angekommen sei. "Das Feuer ist mitten im Lager ausgebrochen. Sechs oder sieben Unterkünfte standen in Flammen", berichtete der 15-jährige Fedus aus Afghanistan einem AFP-Reporter. "Wir haben die Feuerwehr gerufen, aber es dauerte 20 Minuten, bis sie hier war." Die Wut darüber habe die Bewohner zu den Ausschreitungen getrieben. Viele sind auch im Ausnahmezustand wegen der Verwahrlosung, der fehlenden Sicherheit und der chaotischen Verhältnisse im Elendsflüchtlingslager Moria im Norden Lesbos.

Dem afghanischen Flüchtling zufolge starben bei dem Brand eine Frau und zwei Kinder. Das wurde allerdings nicht bestätigt.

Das Lager Moria auf Lesbos steht seit Jahren in der Kritik, da es chronisch überfüllt ist. Nach der Ankunft von 3000 neuen Flüchtlingen im August hatte sich die ohnehin schwierige hygienische Situation in dem inmitten von Olivenhainen gelegenen Zeltlager weiter verschlechtert. Derzeit leben rund 13.000 Menschen in dem Lager, das eigentlich nur für 3000 ausgelegt ist.

Verschärfung der Migrationspolitik beschlossen

Unterdessen hat jetzt die griechische Regierung beschlossen, die Migrationspolitik deutlich zu verschärfen. So sollen bis 2020 rund 10 000 Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden, die keinen Schutzstatus erhalten. Im Gegenzug, so sieht es jedenfalls der aktuelle EU-Türkei-Deal vor, sollen in der gleichen Anzahl schutzbedürftige Flüchtlinge aus der Türkei in Griechenland und der EU aufgenommen werden. Menschen, bei denen klar sei, dass sie nicht Asyl oder subsidiären Schutz oder einen anderen schutzbringenden Titel bekommen, sollen in neue, geschlossene Lager in Griechenland kommen.

Boote von Griechenland nach Italien auf See entdeckt

Unterdessen vermuten Experten, dass sich jetzt infolge der Verschärfung die in Griechenland befindlichen Migranten und Flüchtlinge mit allen Mitteln auf den Weg nach Nordeuropa und Deutschland machen möchten, um einer Rückführung zu entgehen, so würden sich auch wieder mehr Menschen auf der Balkanroute befinden. Es werden auch Boote mit Migranten auf dem Weg von Griechenland nach Italien entdeckt.

Schlepper über die grüne Grenze, im Flugzeug

An der Grenze zu Deutschland soll stärker kontrolliert werden, allerdings schleusen Schlepper Geflüchtete und Migranten etwa versteckt in Lkw oder mit gefälschten Pässen per Flugzeug nach Europa, dort werden an den Ankunftairports der Flüge etwa aus Beirut, Griechenland, Italien, Osteuropa Pässe nie oder nur selten kontrolliert.

Verzweiflung nimmt zu

Unterdessen hängen jetzt viele verzweifelte Menschen in den Lagern fest, die für ihre Kinder, für ihren Traum von einem besseren Leben schon alles gegeben haben. Viele Mütter, Mädchen, Jungen wurden auf dem langen Weg vom Herkunftsland nach Europa vergewaltigt und sind von Krieg und Fluchterlebnissen traumatisiert. Zurück in die alte Heimat können etwa von den Taliban verfolgte Afghanen nicht mehr, dort droht ihnen Verfolgung und Tod.

(mit AFP)

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