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Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt im TV-Duell auf Altbewährtes.

© Michael Kappe/ dpa

TV-Duell zur Bundestagswahl: Merkels Botschaft: "Sie kennen mich"

Die amtierende Bundeskanzlerin kann sehr schlagfertig sein. Aber es hat seinen Grund, dass sie davon in der Öffentlichkeit nur sparsam Gebrauch macht.

Von Robert Birnbaum

Das TV-Duell zählt zu den Pflichten im Leben einer Bundeskanzlerin, auf die Angela Merkel gut verzichten könnte. Dabei kann die CDU-Chefin schlagfertig sein. Aber eine Rampensau ist sie auch in zwölf Kanzlerjahren nicht geworden, und das Format „Live allein gegen vier Moderatoren und einen Herausforderer dazu“ enthält zu viele Unwägbarkeiten, als dass Merkel sich darin wohl fühlte. Man wird da schnell zu Sätzen gedrängt, die man lieber nicht gesagt hätte: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.“ In der Flüchtlingskrise wählte sie nicht von Ungefähr mehrfach das Solo bei Anne Will als ihren Weg, sich dem Fernsehbürger zu erklären. Nur – seit 2002 muss TV-Duell nun mal sein.

Merkels Duellbilanz ist durchwachsen. Selbst als Kandidatin ging sie aus den Blitzumfragen nach der Sendung gegen Gerhard Schröder nicht als Siegerin durch. Ihr einziger Erfolg, der im Gedächtnis blieb, war der taktische Geniestreich aus dem Jahr 2013: Das „Sie kennen mich“ aus dem Schlusswort. Und trotzdem verhalf auch dieses Duell dem längst abgeschlagenen Herausforderer Peer Steinbrück zu einem – kurzlebigen – Aufschwung

Kein Coaching fürs vierte Duell

Trotzdem kommt unter den vielen Möglichkeiten, ein Zusammentreffen der Spitzenkandidaten im Studio zu gestalten, das sehr deutsche Duellmuster Merkel noch am ehesten entgegen. Kein Zufall, dass ihr Regierungssprecher Steffen Seibert und ihre Chefstrategin Eva Christiansen in den Verhandlungen mit den vier Sendern eisern auf dem Gewohnten bestanden. Vier Fragesteller, allesamt Politprofis, die nacheinander Themenblöcke abhandeln – da findet Überraschung nur selten statt. Dass die Kandidaten im Wortsinn ins Duell miteinander treten, ist sowieso kaum vorgesehen.

Merkel verzichtet denn auch in der Vorbereitung auf Trainingsrunden mit professionellen Sparringspartnern. Vor ihrem ersten Duell 2005 ließ sich die damalige Oppositionsführerin noch von dem Ex-ZDF-Journalisten Alexander Niemetz coachen. Niemetz hat versucht, ihr das Verkrampfte ab- und fernsehtaugliche Kürze anzutrainieren. Damals gehörte auch Gestentraining dazu – wohin mit den Händen? Wie schaut man, wenn der andere dran ist?

Ins mittlerweile vierte Duell geht sie aber ohne Coaching. Das wenige, das über Merkels Vorbereitungen nach außen dringt, deutet auf Was-könnte-kommen-Gespräche im engsten Beraterkreis hin – der Ex-Fernsehmoderator Seibert, die langjährigen Wegbegleiterinnen Christiansen und Büroleiterin Beate Baumann, der Talkshow-erprobte Kanzleramtschef Peter Altmaier. In den Inhalten der Politik ist Merkel ohnehin sattelfest bis in fast schon kuriose Details. Die Hauptstadtpresse lernte diese Woche in der Bundespressekonferenz, dass das Feinstaubproblem in Stuttgart durch die Tallage, in Hamburg und Kiel hingegen speziell durch Schiffsdiesel verschärft werde.

Persönliche Fragen sind schwierig

Schwieriger sind andere Fragen. Altmaiers Nebenjob als CDU-Wahlprogrammchef oder Hubschrauberflüge zu Wahlkundgebungen lassen sich begründen – trotzdem weiß die CDU-Chefin, dass sie dabei gegen eine geradezu puritanisch misstrauische Öffentlichkeit bestenfalls nicht noch mehr verlieren kann.

Schwierig sind auch persönliche Fragen, das scheinbar Spielerische, Satzergänzung. Merkel kann sehr schlagfertig sein. Aber es hat seinen Grund, dass sie davon in der Öffentlichkeit nur sparsam Gebrauch macht. Zwischen schlagfertig und ein bisschen zu schlagfertig ist ein schmaler Grat. Ein Witz zu viel, ein Spruch zu doppeldeutig, eine Ironie, die zu viele nicht verstehen – schon steht man am Pranger. Und im Twitter-Zeitalter lauert dieser in Sekundenbruchteilen an jeder Ecke.

Bleibt noch das Schlusswort. Auch das wird in der engsten Runde komponiert. Merkel fällt durch Los diesmal das letzte Wort zu. „Sie kennen mich“ geht nicht mehr. Aber bei einer Kanzlerin, die sich mit guten Aussichten auf ihre vierte Amtszeit bewirbt, bleiben Erfahrung und Vertrautheit die Hauptbotschaften. Ob wieder etwas Überraschendes komme, wurde hat Merkel in der Bundespressekonferenz gefragt. „Ich hoffe schon“, war die Antwort.

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