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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Besuch in den USA.

© Joshua Roberts/Reuters

Türkischer Präsident zeigt Anti-Kurden-Video: Spott über Erdogans „klobigen Propagandafilm“ in den USA

Der türkische Präsident Erdogan hat US-Senatoren bei seinem Treffen mit Trump mit einem antikurdischen Film überrascht – und ganz offensichtlich verärgert.

Es war eine auf dieser Ebene in der internationalen Diplomatie höchst ungewöhnliche Aktion – und erfolglos dazu: Wie jetzt bekannt wurde hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Besuch im Weißen Haus versucht, mit einem Video einen Spalt in das Bündnis der USA mit der Kurdenmiliz YPG in Syrien zu treiben.

Die Kurdenmiliz ist ein Verbündeter der USA im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Aus Sicht der Türkei ist die YPG wegen ihrer Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK dagegen eine Terrororganisation.

Ein Republikaner nannte Erdogans Film CNN zufolge "absurd"

Erdogans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun veröffentlichte den viereinhalbminütigen Film, der US-Präsident Donald Trump und fünf Erdogan-kritischen Senatoren vorgeführt wurde, am Donnerstag (Ortszeit) auf Twitter. Darin wird der Kommandeur der von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, für schwere Terroranschläge in der Türkei verantwortlich gebracht.

Erfolg scheint die ungewöhnliche Maßnahme Erdogans am Mittwoch nicht gehabt zu haben. Die Nachrichtenseite Axios berichtete, Senator Lindsey Graham habe Erdogan danach mit Blick auf das Video gefragt: "Wollen Sie, dass ich die Kurden dazu bringe, eines darüber zu machen, was Sie getan haben?" Graham hat die türkische Offensive gegen die YPG in Nordsyrien scharf verurteilt. Ein nicht namentlich genannter Republikaner sagte CNN, der von Erdogan mitgebrachte Film sei "absurd" gewesen, und "reine Propaganda".

Axios schrieb: "Erdogan dachte anscheinend, dass er die Senatoren umstimmen könne, indem er sie zwingt, einen klobigen Propagandafilm anzuschauen." Graham habe in einem Telefoninterview bestätigt, dass er mit Erdogan aneinandergeraten sei. Er sei der Schilderung, wonach die Türkei mehr als jeder andere zur Bekämpfung des IS beigetragen habe, entschieden entgegengetreten sei. "Ich habe die Türkei wissen lassen, dass 10.000 SDF-Kämpfer, die meisten davon Kurden, im Kampf gegen den IS gelitten haben, gestorben sind oder verwundet wurden." Amerika werde das nicht vergessen und die YPG nicht im Stich lassen.

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Auch Senator Ted Cruz zeigte sich nach dem Treffen mit Erdogan nicht überzeugt. Das Bündnis mit dem "problematischen Verbündeten" Türkei sei zwar wichtig, teilte er mit. Der türkische Angriff auf die kurdischen US-Verbündeten in Syrien sei aber "absolut inakzeptabel".

Trotz großer Spannungen zwischen Washington und Ankara hat US-Präsident Donald Trump seinen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan beim Besuch in Washington fast überschwänglich gelobt. "Ich bin ein großer Fan des Präsidenten", sagte Trump am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan im Weißen Haus. „Wir haben eine großartige Beziehung.“ Das gelte sowohl für ihr persönliches Verhältnis als auch für die Beziehungen beider Länder.

Kritiker warfen Trump vor, die Kurden in Syrien im Stich gelassen zu haben

Die türkische Armee war am 9. Oktober mit verbündeten Rebellen in Nordsyrien einmarschiert, um die Kurdenmiliz YPG aus dem Grenzgebiet zu vertreiben. Trump hatte der Offensive mit einem Abzug der US-Truppen aus dem Grenzgebiet in Nordsyrien den Weg geebnet. Kritiker warfen ihm vor, die YPG so im Stich gelassen zu haben.

Auch im Streit um den Kauf eines russischen Raketenabwehrsystems vom Typ S-400 hatte bei dem Besuch keine Lösung gegeben. Dass die Türkei militärische Ausrüstung von Russland gekauft habe, habe "einige sehr ernste Herausforderungen" geschaffen, sagte Trump - in einer seiner wenigen kritischen Bemerkungen bei dem Besuch.

Spannungen wegen Erdogans Waffengeschäft mit Russland

Er betonte zugleich: "Hoffentlich werden wir in der Lage sein, die Situation zu lösen." Die Außenminister und die Nationalen Sicherheitsberater seien damit beauftragt, eine Lösung zu finden. Erdogan sagte, die Probleme seien nur mit Dialog zu überwinden.

Die Türkei hatte mit dem Rüstungsdeal im Sommer für Verärgerung beim Nato-Partner USA gesorgt. Washington befürchtet, dass Russland über das empfindliche Radar des Waffensystems an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangt. Ankara war Partner beim Bau des Kampfjets und wollte zahlreiche Flugzeuge kaufen. Nach dem Erwerb des Raketenabwehrsystems schlossen die USA die Türkei zwar aus dem F-35 Programm aus. Harte Sanktionen blieben bislang aber aus. (dpa)

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