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Das nordirakische Erbil - Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan - ist immer wieder Schauplatz gezielter Angriffe.

© REUTERS

Türkei und Iran operieren im Irak: Machtlos gegen die Großmächte

Immer wieder wird der Irak zum Schlachtfeld regionaler Großmächte. Die Türkei bekämpft die kurdische PKK, der Iran seinen Erzfeind Israel.

Es ist eine prekäre Situation für den Irak. Denn er wird von seinen mächtigen Nachbarn Türkei und Iran in die Zange genommen. Die Türkei hat eine Militärintervention im Norden Iraks begonnen, um dort die türkisch-kurdische Terrororganisation PKK zu bekämpfen. Kurz zuvor beschoss der Iran die nordirakische Hauptstadt Erbil mit Raketen, angeblich um ein israelisches „Verschwörungszentrum“ auszuschalten. Bagdad ist zu schwach, um sich zu wehren.

Bei der jüngsten türkischen Intervention bietet die türkische Armee seit Anfang der Woche Kampfflugzeuge, Drohnen, Artillerie und Bodentruppen auf, um Nachschubwege und Munitionslager der PKK im Nordirak zu zerstören. Schon seit Jahren unterhält Ankara mehrere Militärstützpunkte im Nordirak. In den ersten Tagen des neuen Angriffs töteten türkische Truppen nach Regierungsangaben 30 PKK-Kämpfer; ein türkischer Soldat sei gefallen.

Türkische Offensiven im Irak gibt es fast jedes Frühjahr

Ankara arbeitet eng mit der kurdischen Regionalregierung (KRG) zusammen. Der KRG ist es recht, wenn der Einfluss der PKK im Nordirak begrenzt wird. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist sicher, dass auch Politiker in Bagdad den türkischen Vorstoß insgeheim begrüßen. Er dankte sowohl der KRG als auch der irakischen Zentralregierung für ihre Unterstützung – obwohl Bagdad offiziell gegen den Einmarsch protestierte.

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Sie sei zum Eingreifen gezwungen worden, behauptet die türkische Regierung, weil der Irak der PKK nicht Herr werde. Die PKK unterhält ihr Hauptquartier in den irakischen Kandil-Bergen rund 100 Kilometer südlich der türkischen Grenze. Frühjahrsoffensiven der türkischen Armee im Irak gibt es fast jedes Jahr. Sie sollen es der PKK erschweren, in die Türkei einzusickern und ihren Ableger in Syrien – die Miliz YPG – zu versorgen.

Der türkische Präsident Tayyip Erdogan geht auch im Ausland mit harter Hand gegen pro-kurdische Kämpfer vor.
Der türkische Präsident Tayyip Erdogan geht auch im Ausland mit harter Hand gegen pro-kurdische Kämpfer vor.

© AFP

Die Türkei kämpft seit fast 40 Jahren gegen die PKK, doch besiegen konnte Ankara die Terrorgruppe bisher nicht. Die PKK kündigte als Reaktion auf den jüngsten Einmarsch an, sie werde den Krieg in die Türkei tragen. Zudem sucht sie nach Angaben der Denkfabrik International Crisis Group die Nähe pro-iranischer Gruppen im Irak.

Der Irak ist Teil des „schiitischen Bogens“

Der Iran ist im Irak noch mächtiger als die Türkei. Teheran kontrolliert pro-iranische Milizen und Politiker und versucht derzeit, in Bagdad die Bildung einer Regierung aus anti-iranischen Gruppen zu verhindern. Für die iranische Außenpolitik ist der Irak ein regionales „Sprungbrett“, wie das Institut Gulf International Forum kürzlich formulierte. Der Irak gehört zum „schiitischen Bogen“ iranischer Macht, der über Syrien und die Hisbollah-Miliz im Libanon bis zum Mittelmeer reicht.

Wenn die iranische Führung ihre Interessen im Irak bedroht sieht wie bei den angeblichen israelischen Aktivitäten in Erbil, spielt die irakische Souveränität für sie keine Rolle. Erbil wurde bei dem jüngsten iranischen Angriff von rund einem Dutzend Raketen getroffen. Der iranische Machtanspruch im Irak wendet sich auch gegen die türkische Militärpräsenz. Teheran akzeptiere keine ausländischen Truppen im Irak, warnte die iranische Botschaft in Bagdad im vergangenen Jahr.

Türkische und iranische Interessen kommen sich besonders in der Region Sindschar im irakisch-syrischen Grenzgebiet in die Quere. In Sindschar, das derzeit zum Einsatzgebiet der türkischen Truppen gehört, sind PKK-Trupps aktiv, aber auch pro-iranische Milizen. Iraks Premier Mustafa al Kadhimi muss der Rivalität der Nachbarn machtlos zuschauen. In einem Telefonat mit US-Außenminister Antony Blinken klagte Kadhimi kürzlich, sein Land sei „eine Bühne, auf der ausländische Rechnungen beglichen werden“.

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