zum Hauptinhalt
Ein Favorit der demokratischen Linken: Senator Bernie Sanders.

© REUTERS/Mike Blake

Update

Trumps Wiederwahl als Ziel: Geheimdienste berichten über russische Hilfe für Sanders

Versucht Russland, den US-Wahlkampf zu manipulieren? Sicherheitsbehörden haben den linken Senator darüber informiert. Das Ziel: eine weitere Amtszeit Trumps.

Kehrt das Gespenst des US-Wahlkampfs 2016 vier Jahre später zurück? Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Russland versucht hat, den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders im Vorwahlkampf unterstützen. Das berichteten die „Washington Post“ und die „New York Times“ am Freitag übereinstimmend.

Geheimdienst-Mitarbeiter hätten den linken Senator aus Vermont darüber informiert, dass die Regierung in Moskau sich zu seinen Gunsten in die Vorwahlen der Demokraten einmischen wolle, wie die „New York Times“ schrieb. Die russische Kampagne ziele darauf ab, Sanders zum demokratischen Bewerber zu machen, um letztlich Donald Trump zur Wiederwahl zu verhelfen.

Der Favorit der demokratischen Linken werde in Moskau für einen schwächeren Gegner des US-Präsidenten gehalten als seine moderateren Konkurrenten, hieß es. Zur Art der Einmischung wurde zunächst nichts Genaues bekannt. Sanders selbst sagte der „Washington Post“, Russland greife offenbar zu ähnlichen Methoden wie vor vier Jahren. „Einige der hässlichen Sachen im Internet, die unserer Kampagne zugerechnet werden, kommen womöglich gar nicht von echten Unterstützern“, erklärte er.

Dem Bericht zufolge haben seine Konkurrenten einige seiner Unterstützer bereits dafür kritisiert, das Diskussionsklima im Vorwahlkampf zu vergiften. Sanders hatte in der Vergangenheit selbst vor solchen Einmischungen gewarnt und Trump vorgeworfen, nicht genug zu tun, um diese zu unterbinden. Auch bei der jüngsten Fernsehdebatte in Las Vegas hatte er entsprechende Andeutungen gemacht. Der „Washington Post“ zufolge konnten Experten dafür bislang aber keine Belege finden.

Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste manipulierte Russland den Präsidentschaftswahlkampf 2016 insbesondere durch eine Kampagne in Online-Netzwerken wie Facebook. Die US-Behörden befürchten schon seit geraumer Zeit, dass Russland sich auch in diesem Jahr in die US-Wahlen einmischen könnte.

Wurde Grenell wegen der Causa Sanders Geheimdienstchef?

Die US-Behörden gehen davon aus, dass Russland Sanders auch schon vor vier Jahren im Vorwahlkampf gegen seine Rivalin Hillary Clinton unterstützen wollte, um eine Spaltung der US-Gesellschaft voranzutreiben und letztlich dem republikanischen Kandidaten Trump zu helfen. Während Clinton sich vor vier Jahren bei den Vorwahlen der Demokraten gegen Sanders durchsetzte, unterlag sie schließlich Trump bei der Präsidentschaftswahl.

[JETZT NEU: Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleitet unser US-Quartett Christoph von Marschall, Anna Sauerbrey, Juliane Schäuble und Malte Lehming Sie ab nächsten Donnerstag einmal wöchentlich auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es schon jetzt zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty]

Die russische Regierung bestritt am Freitag jegliche Eingriffe in den US-Wahlkampf. Trump selbst sprach von einer "neuen Desinformations-Kampagne" der US-Demokraten. Der Streit über die Geheimdiensteinschätzung war womöglich der Grund, warum Trump in dieser Woche den US-Geheimdienstdirektor Joseph Maguire feuerte und durch den US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, ersetzte.

Sanders nennt Putin einen „autokratischen Verbrecher“

Sanders sagte nach Angaben der „New York Times“ zu Reportern, er sei ungefähr vor einem Monat über die Intervention unterrichtet worden. Als Reaktion auf die Berichte verbat er sich jede russische Einflussnahme. Anders als US-Präsident Donald Trump sehe er den russischen Staatschef Wladimir Putin nicht als "guten Freund" an, erklärte Sanders.

"Mir ist es ehrlich gesagt egal, wen Putin als Präsidenten (der USA) will. Meine Botschaft an Putin ist klar: 'Halten Sie sich aus US-Wahlen heraus, und als Präsident werde ich sicherstellen, dass Sie das tun'", sagte er weiter. Dem Bericht zufolge soll der Senator Putin auch einen „autokratischen Verbrecher“ genannt haben.

Am Samstag ist in Nevada die nächste Vorwahl

In Umfragen zu den demokratischen Präsidentschaftsbewerbern liegt Sanders derzeit vorn. Beobachter fragen sich aber, ob der 78-Jährige bei der Präsidentschaftswahl im November Amtsinhaber Trump schlagen könnte. Der Senator vertritt für US-Verhältnisse weit links stehende Positionen und könnte damit viele Wähler der politischen Mitte vergraulen. Trump hat ihn schon als "Kommunisten" bezeichnet.

Fraglich ist, warum die vermeintliche Einmischung zu Gunsten des linken Senators gerade jetzt bekannt wurde – erst vier Wochen nach der Unterrichtung von Sanders und unmittelbar vor der nächsten Vorwahl im Bundesstaat Nevada am Samstag. Auch dort liegt Sanders den Meinungsforschungsinstituten zufolge vorn. Sanders glaubt nicht an einen Zufall: „Warum, glauben Sie, kam es jetzt heraus?“, fragte er am Freitag Reporter, wie die „Washington Post“ berichtete.

In den Umfragen für Nevada folgen Ex-Vizepräsident Joe Biden und der frühere Bürgermeister von South Bend, Pete Buttigieg erst mit weitem Abstand auf den Senator. Bei den ersten beiden Vorwahlen in Iowa und New Hampshire hatten Sanders und Buttigieg vorne gelegen. Biden, der lange als Favorit in dem Rennen gegolten hatte, fuhr dort jeweils nur einen enttäuschenden vierten und fünften Platz ein.

Abstimmung per Caucus: Droht ein Chaos wie in Iowa?

Wann genau die Ergebnisse in Nevada vorliegen werden, ist unklar. Erneut stimmen die Demokraten in Parteiversammlungen, den „Caucuses“, über ihre Favoriten ab. Bei der allerersten Vorwahl im Bundesstaat Iowa Anfang Februar hatte es bei diesem Verfahren ein großes Chaos bei der Datenübermittlung gegeben. Ergebnisse lagen dort erst mit Tagen Verspätung vor.

Am 29. Februar folgt die nächste Vorwahl in South Carolina. Am 3. März steht dann die nächste große Wegmarke an: der „Super Tuesday“ mit Vorwahlen in 14 Bundesstaaten. Erst dann steht auch der Milliardär Michael Bloomberg auf den Wahlzetteln. Der Späteinsteiger, der schon 364 Millionen Dollar für Wahlwerbung ausgegeben hat, lässt Nevada und die anderen Vorwahlen im Februar aus.

Die Vorwahlen ziehen sich bis in den Juni hin. Im Sommer veranstalten Demokraten und Republikaner dann jeweils große Nominierungsparteitage, bei denen sie ihren jeweiligen Kandidaten endgültig küren. Die eigentliche Präsidentschaftswahl steht am 3. November an. (mit AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false