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Donald Trump (rechts) und Recep Tayyip Erdogan bei ihrer Pressekonferenz im Weißen Haus.

© Evan Vucci/AP/dpa

Trump outet sich als Erdogan-Fan: Der türkische Staatschef bekommt im Weißen Haus vor allem Nettigkeiten zu hören

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobt US-Präsident Trump seinen türkischen Amtskollegen. Zuvor hatte es ein ungewöhnliches Treffen gegeben. Eine Analyse.

War da was? Wer beim Empfang des türkischen Präsidenten am Mittwoch im Weißen Haus mit lauten Misstönen oder möglicherweise gar einem offenen Eklat gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan zeigten sich bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Nachmittag (Ortszeit) zeitweise geradezu gut gelaunt - und das, obwohl der US-Präsident der Türkei vor wenigen Wochen noch mit der "wirtschaftlichen Zerstörung" gedroht hatte, falls sie in Nordsyrien einmarschiere.

Das hat die Türkei inzwischen getan, kurzzeitig gab es deswegen auch Sanktionen, die weder schwer waren noch lange aufrechterhalten wurden. Zwar hängen neue Sanktionen noch immer über den bilateralen Beziehungen, denn auch unter Trumps Republikanern ist der Unmut über das aggressive Vorgehen des Nato-Partners groß. Genauso wie über den von Trump abrupt verkündeten Abzug der US-Truppen, der den Einmarsch erst ermöglicht und die kurdischen Verbündeten schutzlos zurückgelassen hatte.

"Ich bin ein großer Fan des Präsidenten", sagt Trump

Aber am Mittwoch klang Trump so, als ob alle Probleme gelöst oder zumindest lösbar seien. "Ich bin ein großer Fan des Präsidenten", sagte er zu Beginn der mit knapp einer Stunde Verspätung gestarteten Pressekonferenz im bis zum letzten Platz gefüllten East Room des Weißen Hauses. Ihre Nationen, aber auch sie beide persönlich hätten "eine großartige Beziehung". Erdogan konterte immerhin mit der Anrede "mein lieber Freund".

Eine Erklärung für diesen Austausch von Höflichkeiten, der die weiter bestehenden Spannungen ein wenig überdeckte, könnte in einem ungewöhnlichen Treffen liegen, das kurz zuvor im Weißen Haus stattgefunden hatte.

Da hatten fünf republikanische und an Außenpolitik interessierte Senatoren, darunter der in der Syrien-Frage besonders kritische Lindsey Graham aus South Carolina, die Chance erhalten, mit Trump und Erdogan zusammenzutreffen. Und konnten dabei offenbar ihren Unmut äußern - nicht nur in Bezug auf Syrien, sondern auch über die von den Nato-Verbündeten heftig kritisierte Entscheidung der Türkei, das russische Raketenabwehrsystem S-400 zu erwerben.

Ein ungewöhnliches Treffen mit Senatoren

Graham, ein enger Vertrauter des US-Präsidenten, sprach danach von einer Gelegenheit, wie er sie noch nie bekommen habe. "Der Sinn dieses Treffens war es, unseren türkischen Freunden amerikanische Staatsbürgerkunde zu vermitteln." Floridas Senator Rick Scott erklärte, es sei darum gegangen, dass sich die Türkei in Richtung der USA orientiere, und nicht hin zu Russland.

Joni Ernst aus Iowa betonte, dass man die Türkei in der Nato halten wolle, und dankte Erdogan dafür, dass sein Land so viele syrische Flüchtlinge aufgenommen habe. Jim Risch ( Idaho), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, betonte ebenfalls, wie wichtig die türkische Mitgliedschaft in dem Atlantischen Bündnis sei. Graham und Risch arbeiten derzeit an Gesetzentwürfen, mit denen Sanktionen gegen die Türkei beschlossen werden könnten.

Das ungewöhnliche Treffen könnte dazu gedient haben, die Spannungen etwas abzubauen. Denn die Option, dass sich eine verärgerte Regierung in Ankara tatsächlich mit den Russen verbündet, ist für viele in Washington ein Worst-Case-Szenario. Immerhin stellt die Türkei in der Nato die zweitgrößte Armee nach den USA. Ob die Entspannungspolitik geglückt ist, wird sich allerdings erst noch zeigen.

Streitpunkte bestehen weiter

Denn nicht nur im Rüstungsstreit gibt es weiterhin keine Lösung zwischen beiden Seiten. Dass die Türkei militärische Ausrüstung von Russland gekauft habe, habe "einige sehr ernste Herausforderungen" geschaffen, sagte Trump am Mittwoch. "Hoffentlich werden wir in der Lage sein, die Situation zu lösen." Die Außenminister und die Nationalen Sicherheitsberater seien damit beauftragt, eine Lösung zu finden. Erdogan sagte, die Probleme seien nur mit Dialog zu überwinden.

Der türkische Präsident forderte zudem einmal mehr die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den er einen "Terroristenanführer" nannte. Dass Gülen in den USA lebe, sei nicht akzeptabel. Er hoffe, dass die USA "diesen Terroristen" an die Türkei übergäben, so wie auch sein Land Terroristen an andere Länder ausliefere.

Der islamische Prediger Gülen lebt im US-Bundesstaat Pennsylvania. Die Türkei macht den 78-Jährigen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Gülen weist jede Verantwortung zurück.

Im Senat blockiert Graham die Armenien-Resolution - nach dem Treffen mit Erdogan

Auch der Ärger über die Armenien-Resolution des US-Kongresses ist nicht verflogen. Das Repräsentantenhaus hatte Ende Oktober eine Erklärung verabschiedet, in der es heißt, die USA würden den Völkermord an den Armeniern anerkennen und die Tötung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich verurteilen.

Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück.

Erdogan beklagte, das Votum der Abgeordneten beleidige die türkische Nation und werfe einen Schatten auf die bilateralen Beziehungen. Auch forderte er: "In einer Angelegenheit, die sich vor 104 Jahren unter Kriegsbedingungen ereignet hat, müssen die Entscheidungsträger nicht Politiker sein, sondern Historiker."

Kurz nach der Pressekonferenz blockierte Senator Graham dann die anstehende Verabschiedung der Resolution im Senat - mit der seltsam bekannt klingenden Begründung, Senatoren sollten Geschichte nicht "schönreden" oder "neu schreiben". Er verweigere seine Zustimmung nicht wegen der Vergangenheit, sondern wegen der Zukunft. Donald Trump, der zuvor von dem "großen Potenzial" der Handelsbeziehungen beider Länder geschwärmt hatte, wird das gerne gehört haben.

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