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Thomas Westphal (SPD) feiert in Dortmund den Wahlsieg mit Maske.

© Jonas Güttler/dpa

Update

Trotz grüner Wahlempfehlung für CDU-Kandidaten: Dortmund bleibt SPD-Hochburg

Die SPD kann in Dortmund weiterregieren. In Düsseldorf verlieren die Sozialdemokraten die Mehrheit an die CDU. Die Grünen triumphieren in Aachen und Bonn.

Großes Aufatmen bei der SPD, die Hochburg Dortmund ist noch einmal gehalten worden. Nach der grünen Wahlempfehlung für den CDU-Kandidaten Andreas Hollstein, hatten die Sozialdemokraten empört reagiert – und das Schlimmste befürchtet. Seit 1946 regierte an der Ruhr immer ein „roter“ als Oberbürgermeister.

Doch bei der Stichwahl in Dortmund zeichnete sich am Sonntag bei der Auszählung der 671 Wahllokale rasch ab, dass es für Thomas Westphal, den bisherigen Geschäftsführer der Dortmunder Wirtschaftsförderung, reichen könnte, er gewann am Ende mit 51,97 Prozent der Stimmen, die Wahlbeteiligung lag bei insgesamt 451.710 Wahlberechtigten bei 32,61 Prozent.

Westphal steht für den Ansatz einer Kümmerer-Politik, er will die Stadt zukunftsfest machen, sei es bei der Verkehrsplanung, aber gerade auch in Sachen Digitalisierung. Etwa durch digitale Bürgerdienste, durch schnelles Internet in Betrieben, Schulen und Haushalten.

„Aber eine digitale Großstadt sind wir erst, wenn wir uns von den großen Datenkonzernen emanzipieren und unsere Eigenständigkeit bewahren, der Souverän unserer Daten bleiben und wenn wir uns selbst die Technik und die Kultur des Digitalen gemeinsam beibringen“, betont Westphal. Sein Vorgänger Ulrich Sierau war dieses Mal nicht erneut angetreten.

Grüne erobern Aachen und Bonn

Daneben zeichneten sich große Erfolge für die Grünen ab: Sie könnten in Nordrhein-Westfalen gleich in zwei Metropolen erstmals die Chefsessel der Rathäuser erobern: In Aachen und Bonn lagen ihre Kandidaten bei der Stichwahl zum Oberbürgermeisteramt nach Auszählung aller Stimmbezirke vorn. In Aachen ließ die Grünen-Kandidatin Sibylle Keupen mit 67,4 Prozent ihren CDU-Konkurrenten Harald Baal (32,6 Prozent) deutlich hinter sich.

Gewann die Stichwahl der Oberbürgermeisterwahl in Aachen deutlich: Grünen-Kandidatin Sibylle Keupen
Gewann die Stichwahl der Oberbürgermeisterwahl in Aachen deutlich: Grünen-Kandidatin Sibylle Keupen

© dpa/Rolf Vennenbernd

In Bonn gewann die Grünen-Kandidatin Katja Dörner mit 56,3 Prozent der Stimmen gegen Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan (CDU), der auf 43,7 Prozent kam. Damit verstetigt sich der Grünen-Höhenflug auch immer stärker auf kommunaler Ebene, während die SPD eher verliert.

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Die Grünen-Kandidatin Daniela Schneckenburger war in Dortmund in der ersten Runde auf den dritten Platz gekommen. Eine Mitgliederversammlung der Grünen empfahl nach Verhandlungen mit beiden Kandidaten, für den CDU-Bewerber zu stimmen.

„In allen zentralen Konfliktpunkten gab es seitens der SPD kein Entgegenkommen“, erklärte der Vorsitzende der NRW-Grünen, Felix Banaszak, und fügte hinzu: „Es gibt aber kein SPD-Abo auf den Chefsessel im Rathaus und Demokratie braucht den Wechsel. Dortmund braucht den Wechsel.“

In der SPD war die Enttäuschung groß - auch weil sie etwa in Bonn in der Stichwahl die Kandidatin der Grünen unterstützten. Einige sehen darin schon weitere Vorboten für eine schwarz-grüne Koalition nach der nächsten Bundestagswahl 2021. Auch in anderen Kommunen gab es am Sonntag Stichwahlen, deren Ergebnisse mit Spannung erwartet werden.

In Düsseldorf gewinnt CDU-Kandidat Stephan Keller

In Düsseldorf gestand der SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel seine Niederlage bei der Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Stephan Keller ein. Keller erreichte 56 Prozent der Stimmen; Amtsinhaber Geisel kam auf 44 Prozent.

Freut sich über die Auszählungen der ersten Wahllokale: Stephan Keller, CDU-Kandidat in Düsseldorf
Freut sich über die Auszählungen der ersten Wahllokale: Stephan Keller, CDU-Kandidat in Düsseldorf

© dpa/Bernd Thissen

In Köln trat Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos) gegen Andreas Kossiski (SPD) an. Nach Auszählung fast aller Stimmbezirke lag Reker am Sonntag nach Angaben der Stadt mit über 60 Prozent der Stimmen vorn und erzielte somit einen uneinholbaren Vorsprung.

Stichwahlen der beiden Bestplatzierten gibt es überall dort, wo im ersten Durchgang am 13. September keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte der Stimmen holte. In 15 kreisfreien Städten wird um die Oberbürgermeister-Posten und in 11 Kreisen um die Landratsämter gekämpft.

SPD verliert in Stammland an Zustimmung

Auch in mehr als 100 kreisangehörigen Städten stehen noch Bürgermeister-Stichwahlen an. Aber fast überall müssen sich die Sozialdemokraten der Tatsache stellen, dass sie in ihrem Stammland rapide an Zustimmung verlieren – Flimmern in der Herzkammer. Im Durchschnitt nur noch 24,3 Prozent stimmten im ersten Wahlgang Mitte September landesweit für die Partei, die NRW jahrzehntelang regierte.

Nicht erst seitdem rumort es im Landesverband, es gibt einen Machtkampf um den richtigen Kurs zwischen dem Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann und seinem Gegenspieler, Fraktionschef Thomas Kutschaty. Am Montag tagt der Landesvorstand.

Brisant ist: Die Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verfolgen unterschiedliche Ziele, stehen spiegelbildlich für die Zerrissenheit der Partei, wie die Landes-SPD. SPD-Landeschef Hartmann verfolgt einen pragmatischen Politikansatz, für den auch Walter-Borjans steht: Die SPD als Kümmerer-Partei, während das linke Lager im Verbund mit den Jusos sich oft in Identitätspolitik verhakt oder in Themen, die an der Lebenswirklichkeit vor Ort vorbeigehen.

Esken verweigerte zuletzt Hartmann eine verbale Unterstützung. Sie setzt nach Informationen des Tagesspiels auf die Gegner Hartmanns in der NRW-SPD, welche die Partei noch weiter nach links schieben wollen und mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz fremdeln.

Die Pragmatiker im Landesverband halten Kutschmatys Büroleiter Peter Marchewski für die treibende Kraft hinter den Versuchen zur Akzentverschiebung, die von den NRW-Jusos und ihrer bisherigen Chefin Jessica Rosenthal gestützt werden. Rosenthal will im November Kevin Kühnert an der Spitze der Bundes-Jusos ablösen.

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