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Sattelitenbild von Sanumdong.

© REUTERS

Trotz Gesprächen mit USA: Nordkorea baut offenbar neue Interkontinentalraketen

US-Spionagesatelliten haben Insidern zufolge Aktivitäten rund um die nordkoreanische Fabrik aufgezeichnet, in der Interkontinentalraketen gebaut worden sind. Für die USA ist das keine Überraschung.

Trotz Gesprächen mit den USA über den Abbau seines Atomwaffenprogramms scheint Nordkorea nach Medienberichten weiterhin Raketen herzustellen. Geheimdienste in den USA hätten Hinweise darauf, dass Nordkorea in einer Forschungseinrichtung nahe Pjöngjang möglicherweise eine bis zwei neue Interkontinentalraketen baue, die potenziell amerikanisches Festland erreichen könnten, berichtete die „Washington Post“ am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf Regierungsbeamte.

Als Beleg hätten die Informanten Satellitenfotos von Aktivitäten in der Anlage von Sanumdong vorgelegt, in der Nordkorea seine „ersten ballistischen Interkontinentalraketen“ gebaut habe, schrieb die Zeitung. „Wir sehen, dass sie weiter daran arbeiten, genau wie zuvor“, wurde ein Beamter zitiert.

Auf Fotos und Infrarotbildern seien Transporte in die Forschungsanlage Sanumdong zu sehen, sagte auch eine mit den Geheimdienstinformationen vertraute Person am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei aber nicht zu erkennen, wie weit fortgeschritten ein möglicher Bau von Raketen sei. Es handle sich um Raketen, die mit flüssigem Treibstoff angetrieben würden, berichtete die Zeitung weiter. Der Insider sagte Reuters, derartige Raketen stellten keine so große Gefahr dar wie Raketen, die mit festen Treibstoffen versehen würden. Es dauere vor einem Abschuss länger, sie zu tanken, und das dürften die Geheimdienste vermutlich mitbekommen.

Kim Do Gyun (r), Generalmajor der südkoreanischen Armee und Chefdelegierter, und sein nordkoreanischer Amtskollege An Ik San geben sich zu Beginn neuer Gespräche die Hand.
Kim Do Gyun (r), Generalmajor der südkoreanischen Armee und Chefdelegierter, und sein nordkoreanischer Amtskollege An Ik San geben sich zu Beginn neuer Gespräche die Hand.

© dpa

In der Anlage Sanumdong in einem Außenbezirk der Hauptstadt Pjöngjang wurden bereits die ersten Interkontinentalraketen des Landes gebaut, die auch das Festland der USA erreichen könnten. Mögliche neue Raketen dienten vermutlich Tests, um die Robustheit und die Zielgenauigkeit zu verbessern, sagte der Insider. Das US-Präsidialamt lehnte eine Stellungnahme zu Geheimdienstinformationen ab.

Die Aktivitäten in der Waffenfabrik seien für US-Regierungsbeamte keine Überraschung, hieß es. Machthaber Kim Jong Un habe bisher keine öffentlichen Versprechungen gemacht, alle Arbeiten in den zahlreichen Nuklear- und Raketeneinrichtungen im Land einzustellen.

Bei seinem aufsehenerregenden Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump im Juni in Singapur hatte Kim seine Bereitschaft zur „kompletten Denuklearisierung“ bekräftigt. Es gab aber keine konkreten Zusagen, wie und bis wann abgerüstet werden sollte. Nordkoreas kommunistische Führung, die den USA jahrelang eine „feindselige Politik“ vorgeworfen hatte, sieht im Bau von Langstreckenraketen eine Überlebensgarantie. US-Außenminister Mike Pompeo hatte vergangene Woche mit Blick auf die Abrüstungsgespräche mit Pjöngjang betont, beide Länder hätten noch einen „verdammt langen Weg“ vor sich.

Joel Wit, ehemaliger Unterhändler des US-Außenministeriums und Nordkorea-Experte sagte, es sei unwahrscheinlich, dass Nordkorea von seinem Raketen- und Atomprogramm ablasse, bevor "die Tinte auf den Abkommen getrocknet ist". Dies sei bei den Verhandlungen mit der Sowjetunion während des Kalten Krieges und zuletzt bei den Gesprächen über das iranische Atomprogramm ebenso gewesen, die letztlich zum Atomabkommen geführt hätten.

Süd- und Nordkorea führen neue Gespräche

Derweil haben hohe Offiziere Süd- und Nordkoreas haben neue Gespräche über Schritte zur militärischen Entspannung auf der koreanischen Halbinsel aufgenommen. Bei dem Treffen am Dienstag im Grenzort Panmunjom ging es um die Umsetzung der Vereinbarungen, die beide Staaten bei ihrem Gipfeltreffen Ende April getroffen hatten. Südkoreas Präsident Moon Jae In und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un hatten sich in einer Erklärung unter anderem auf eine stufenweise militärische Abrüstung verständigt. 

Es wurde erwartet, dass beide Seiten bei den Gesprächen auf Generalsebene auch über Maßnahmen zur Entmilitarisierung von Panmunjom sowie zur Schaffung einer Friedenszone an ihrer  umstrittenen Seegrenze im Gelben Meer reden. Bei Militärgesprächen im Juni hatten sich Süd- und Nordkorea darauf geeinigt, ihre militärischen Kommunikationsleitungen wiederherzustellen.  

Zudem spekulierten südkoreanische Medien, die nordkoreanische Seite könnte stärker auf den Abschluss eines Friedensvertrags dringen. Völkerrechtlich befindet sich die Halbinsel noch im Kriegszustand, da seit dem Ende des Korea-Kriegs (1950-53) bloß ein Waffenstillstandsabkommen gültig ist.  (dpa, Reuters)

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