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Perspektive Rot-Rot-Grün: Vorstellung des Vertrages für die thüringische Minderheitsregierung Mitte Januar in Erfurt.

© Jacob Schröter/Imago

Trotz des „rasanten Verfalls der SPD“: Denkfabrik beharrt auf rot-rot-grüner Perspektive

Das Institut Solidarische Moderne wird zehn Jahre alt. Die linke Denkfabrik freut sich auf die erste Bundestagswahl „ohne Volksparteien“.

Von Matthias Meisner

Das Institut Solidarische Moderne (ISM), eine vor zehn Jahren unter anderem von führenden Sozialdemokraten, Linken und Grünen gegründete Ideenwerkstatt, will die Hoffnung auf eine rot-rot-grüne Regierung im Bund nicht aufgeben. „2021 - wann denn sonst?“, heißt es in einem aus Anlass des Jubiläums verfassten Thesenpapier, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Die nächsten Bundestagswahlen würden die ersten überhaupt sein, in denen es keine „Volksparteien“ mehr gebe. Es seien „Wahlen offenen Ausgangs“, bei denen sich vor allem für die SPD und die Linkspartei die Frage nach ausreichender Mobilisierung stelle.

Das ISM hatte sich zu Zeiten gegründet, als es für Rot-Rot-Grün (Code: #r2g) noch eine rechnerische Mehrheit in den Umfragen gab. Die sei inzwischen „verdampft“, heißt es in dem Papier, „wesentlich infolge des rasanten Zerfalls der SPD“, aber auch wegen der Stagnation der Linkspartei.

Auf die Entwicklung der SPD unter ihren neuen Parteiführung geht das ISM nicht direkt ein. Den Grünen werfen die Autoren vor, es gebe dort „starke Tendenzen“, die eher auf eine schwarz-grüne Wende setzten. Dazu komme eine Drift nach rechts, die sich in Wahlerfolgen der AfD widerspiegele.

Kritik an Flüchtlingspolitik von SPD und Grünen

Einher geht diese Entwicklung nach Einschätzung der Denkfabrik mit einer politischen Entwicklung hin zu mehr Migrationsabwehr, etwa bei den Grünen. „Ebenso düster“ sehe es aber auch bei den Sozialdemokraten aus.

Die SPD habe als Teil der großen Koalition bei ihrer Außenpolitik im Verbund mit EU und Nato dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan „freie Hand in all seinen Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen gewährt“, schreibt das ISM, eine „schamlose Kooperation" mit einem „Kriegsverbrecher“.

Auch wenn die Linke „bei diesem wortwörtlich mörderischen Spiel“ mehrheitlich nicht mitspiele und sich eindeutig an die Seite der Geflüchteten stelle, gebe es doch Kräfte in der Partei und wohl mehr noch in ihrer Wählerbasis, die in dieser Frage - und auch einigen anderen - ebenfalls nach rechts tendiere.

Unter anderem die ehemalige Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hatte sich immer wieder Unmut von Genossen zugezogen, etwa, als sie eine Debatte über die „Gefahrenpotenziale“ von Flüchtlingen forderte.

„Grund genug, sich am Riemen zu reißen“, appelliert die rot-rot-grüne Denkfabrik an die drei Parteien, „für uns bleibt es bei dem Farbenspiel“. Sie ermuntert zu einer Vernetzung mit den sozialen Bewegungen, ohne die ein Aufbruch nicht real werden könne. Inhaltliche Schnittmengen für das, was sie „Mosaiklinke“ nennen, sehen die Initiatoren des ISM hinreichend.

Als Stichworte nennt das Institut unter anderem Mindestlohn, Bürgerversicherung, sanktionsfreies Grundeinkommen, Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit, Energie- und Mobilitätswende sowie eine neue Finanzarchitektur.

Das Institut Solidarische Moderne ist einer von mehreren Zirkeln, die sich seit Jahren für eine engere Zusammenarbeit von Grünen, SPD und Linken einsetzen. Zum Vorstand gehören unter anderem die ehemalige hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti und die thüringische Grünen-Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich.

Am der Spitze wirken außerdem mit etwa Linken-Parteichefin Katja Kipping, die frühere Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel, die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis sowie der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt.

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