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Großer Sieger in South Carolina: Joe Biden

© AFP/Getty Images/Scott Olson

Triumph bei Vorwahl in South Carolina: Joe Bidens starkes Comeback

Joe Biden schafft bei der Vorwahl der US-Demokraten in South Carolina den dringend benötigten Sieg – und hofft, dass ihm der Schwung am „Super Tuesday“ hilft.

Diese Wahl ist eindeutig: Joe Biden gewinnt die vierte Vorwahl der US-Demokraten im Bundesstaat South Carolina - und das vor allem dank der Stimmen der afroamerikanischen Wähler. Sie haben dem ehemaligen Vize des ersten schwarzen US-Präsidenten Barack Obama seine jahrzehntelange Freundschaft mit einem glasklaren, einem sensationellen Wahlsieg vergolten. "Das haben sie ihm geschuldet", kommentierte der US-Sender CNN nach der ersten Hochrechnung am Samstagabend.

Zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale, als sein Sieg schon feststand, obwohl erst die Hälfte der Stimmen ausgezählt war, trat Biden in South Carolinas Hauptstadt Columbia vor seine Anhänger. "Wir haben gerade gewonnen, und wir haben hoch gewonnen - wegen euch allen", rief er den Jubelnden zu. "Vor wenigen Tagen haben Medien und Experten diese Kandidatur für tot erklärt", fügte der Ex-Vizepräsident hinzu. "Wir sind sehr lebendig."

Die meisten Amerikaner wollten nicht das Versprechen einer Revolution, sagte Biden mit Blick auf den derzeitigen Favoriten, den politisch linksstehenden Senator Bernie Sanders. "Sie wollen Ergebnisse."

"Lasst uns unser Land zurückholen"

Er sei nicht nur in der Lage, US-Präsident Donald Trump zu schlagen, fuhr Biden in seiner sehr emotionalen Rede fort, sondern auch, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verteidigen und die im Senat zurückzuerobern. Es gehe bei dieser Wahl um Anstand und Respekt, darum, die Demokratie zu retten. "Lasst uns weitermachen, lasst uns wieder Hoffnung schöpfen und unser Land zurückholen!"

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Für Biden war der Samstagabend ein ganz besonderer Erfolg. Denn obwohl der 77-Jährige sich bereits das dritte Mal um die Präsidentschaftsnominierung seiner Partei bewirbt, war dies sein überhaupt erster Sieg in einem Bundesstaat. In den Rennen zuvor war er jedesmal vorher ausgestiegen.

Biden sichert sich Großteil der Delegiertenstimmen aus South Carolina

Ganz besonders bedankte sich Biden bei dem demokratischen Kongressabgeordneten James Clyburn, der sich am vergangenen Mittwoch für ihn ausgesprochen hatte. Der ranghöchste Afroamerikaner im Repräsentantenhaus gilt in South Carolina als Königsmacher. Und tatsächlich erklärten CNN-Nachwahlbefragungen zufolge rund ein Fünftel der Wähler, dass Clyburns "Endorsement" bei ihrer Wahlentscheidung den Ausschlag gegeben habe.

Mit diesem Sieg, der dem ehemaligen Vizepräsidenten einen Großteil der 54 in South Carolina vergebenen Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag der Demokraten im Juli beschert, hat Biden demonstriert, dass seine Kalkulation doch richtig war. Er und seine Leute hatten angesichts des enttäuschenden Abschneidens bei den ersten drei Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und Nevada immer argumentiert, dass die erste wirklich für Amerika repräsentative Wahl in South Carolina stattfinde. Vor allem Iowa und New Hampshire sind vornehmlich "weiße" Staaten, während in South Carolina rund 60 Prozent der demokratischen Wähler Afroamerikaner sind.

Joe Biden ist der Favorit der Moderaten

Biden hat aber auch gezeigt, dass er weiterhin als der Favorit im Lager der Moderaten gelten kann - und damit als derjenige, der Bernie Sanders noch verhindern könnte. Sanders führt derzeit in den landesweiten Umfragen. Viele Demokraten fürchten, dass er mit seinem vergleichsweise radikalen politischen Programm viele Wähler abschrecken und letztlich gegen den republikanischen Amtsinhaber Trump verlieren könnte.

Zuletzt waren große Zweifel an Bidens Stehvermögen aufgekommen, auch, weil in Iowa Pete Buttigieg gewonnen hatte, der erst 38-jährige ehemalige Bürgermeister von South Bend in Indiana, der ebenfalls für eine Politik der Mitte steht und vor einem Jahr noch weitgehend unbekannt war. Zudem wirkte Biden bei seinen Auftritten häufig fahrig und erschöpft.

Michael Bloomberg steigt am Dienstag in das Rennen ein

Auch deshalb stiegen die Umfragewerte des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg. Der Milliardär war erst vor knapp 100 Tagen in den Vorwahlkampf eingestiegen und stand in South Carolina noch gar nicht zu Wahl. Aber mit seinen schier unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten - Bloomberg gilt als neuntreichster Mensch der Welt und finanziert seinen Wahlkampf komplett selbst - ist er im Fernsehen und den sozialen Medien bereits fast dauerpräsent.

Die Vorwahl in South Carolina war die letzte vor dem "Super Tuesday" am kommenden Dienstag. Dann wird in 14 Bundesstaaten gleichzeitig gewählt, und es werden mehr als ein Drittel aller Delegierten vergeben. Hier war in den letzten Wochen damit gerechnet worden, dass Bernie Sanders sehr viele Delegiertenstimmen einsammeln kann. Vor allem in Kalifornien liegt der 78-Jährige in Umfragen deutlich vorne. Auch Bloombergs Name steht dann erstmals auf den Wahlzetteln.

Der Milliardär Tom Steyer beendet seine Kampagne

Bidens Team hofft nun, dass der haushohe Sieg von South Carolina seiner Kampagne einen riesigen Schub gibt, der ihm nicht nur mehr Wähler, sondern vor allem auch mehr Spender einbringt. Denn zuletzt war das Geld für den Wahlkampf offenbar knapp geworden. Die "New York Times" hatte berichtet, dass sein Wahlkampf in vielen der "Super Tuesday"-Staaten kaum stattfinde - vor allem im Vergleich zu Sanders, dessen Kampagne viele motivierte Freiwillige anzieht.

Angesichts des Wahlausgangs stieg der Milliardär Tom Steyer noch am Abend aus dem Rennen aus. Steyer, der sehr viel Geld in Wahlkampfwerbung in South Carolina investierte, hatte sich bis dahin keine einzige Delegiertenstimme sichern können.

Die anderen noch im Rennen verbliebenen Kandidaten müssen sich nun ebenfalls die Frage stellen, wie lange sie noch dabei bleiben wollen. Vor allem im moderaten Lager ziehen Buttigieg und die Senatorin Amy Klobuchar Stimmen von Biden ab. Buttigieg schnitt in Iowa und New Hampshire zwar sehr gut ab. Aber es gelingt ihm ganz offensichtlich nicht, bei der Gruppe der Afroamerikaner Stimmen zu sammeln.

Die Partei hofft nun auf schnelle Entscheidungen

Auch Michael Bloomberg wetteifert um die gleichen Wähler wie der Ex-Vizepräsident. Ursprünglich hatte der ehemalige Republikaner erklärt, nur in den Vorwahlkampf einzusteigen, wenn Biden schwächele. Kämpft dieser sich nun wieder nach oben, wird Bloomberg rasch zeigen müssen, dass er bei den Wählern besser ankommt als Biden.

Der moderate Flügel der Demokratischen Partei wünscht sich jetzt schnelle Entscheidungen. Denn wenn Bewerber ohne eine wirkliche Chance weiter an ihrer jeweiligen Kampagne festhalten, könnte der Gewinner am Ende doch Sanders heißen. Und der ist noch nicht einmal Mitglied der Partei.

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