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Der französische Präsident Emmanuel Macron begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© Claude Paris/dpa

Update

Treffen in Marseille: Macron stärkt Merkel bei Migration den Rücken

Beim Treffen mit Angela Merkel in Marseille, nennt Macron die Migration "eine Chance". Er stärkt damit die Bundeskanzlerin im Konflikt mit Seehofer.

Im Streit um die Flüchtlingspolitik hat der französische Präsident Emmanuel Macron Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) demonstrativ den Rücken gestärkt. Deutschland und Frankreich wollten aus der Migration "eine Chance machen, keine Befürchtung", sagte er am Freitag bei einem Treffen mit Merkel in der Hafenstadt Marseille. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte gesagt, die Migration sei "die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land".

Die Bundeskanzlerin bekräftigte, dass beide Länder in der Flüchtlingsfrage in den kommenden Monaten Fortschritte auf EU-Ebene anstrebten. "Europa muss sich in dieser Frage auch beweisen", betonte sie. „Deutschland und Frankreich arbeiten weiter zusammen, um die Zukunft vorzubereiten“, sagte Macron. Macron, Merkel und die anderen EU-Staats- und Regierungschefs wollen am 20. September in Salzburg über die Migrationspolitik beraten. Das Thema sorgt in der Gemeinschaft der 28 für erhebliche Spannungen, insbesondere seit die populistische Regierung in Italien Schiffen mit aus dem Mittelmeer geretteten Migranten die Einfahrt in Häfen verweigert.

Macron dringe auf ein dauerhaftes europäisches Verfahren zur Verteilung dieser geretteten Migranten, hieß es aus der Umgebung des Präsidenten. „EU-Regeln und das Prinzip der Solidarität müssen eingehalten werden“, hieß es aus der Umgebung des Staatschefs. Paris pocht auch darauf, beim Aufbau von zentralen Flüchtlings-Sammellagern in der EU voranzukommen.

Die Rettungsorganisation SOS Mediterranée, die mit Ärzte ohne Grenzen das Rettungsschiff „Aquarius“ betreibt, appellierte indessen insbesondere an Berlin und Paris, Lösungen zu suchen. Im zentralen Mittelmeer würden so viele Menschen sterben wie schon lange nicht mehr, teilte die Organisation mit.

Merkel zeigte sich mit Blick auf Deutschland und Frankreich „sehr optimistisch, dass wir auch weiter gemeinsam vorangehen“. Bis zur Europawahl im Mai 2019 sei noch einiges zu tun, sagte sie unter Verweis etwa auf die Weiterentwicklung der Währungsgemeinschaft und die Absicherung des Bankensystems.

Die SPD mahnte bei Merkel und Macron Tempo bei EU-Reformen an. „So wichtig und wünschenswert gemeinsame Lösungen in der Flüchtlingspolitik sind, die Flüchtlingsdebatte darf nicht notwendige Fortschritte in anderen Bereichen ausbremsen“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, vor der Zusammenkunft.

„Die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion mit einem Investitionsbudget für die Eurozone, der Aufbau eines Europäischen Währungsfonds sowie eine gerechte Besteuerung von Unternehmen, gerade der großen Internetkonzerne, müssen ganz oben auf der Agenda stehen“, so Post. Bis Dezember müssten in Kernfragen der Reform Europas Entscheidungen fallen, sonst schließe sich das Reform-Zeitfenster.

Aus Merkels eigener Partei gab es kritische Töne zu Macron. Unmittelbar vor dem Treffen bemängelte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in Berlin: „Der französische Präsident fängt ein bisschen früh mit dem Europawahlkampf an. Vielleicht zu früh.“

Merkel zu Brexit: "Thema, das wir bedauerlicherweise bearbeiten müssen"

Macron hatte zuvor die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP), der auch CDU und CSU angehören, aufgefordert, ihre „Position zu klären“. Die EVP müsse sich zwischen der Unterstützung für Merkel oder Ungarns Regierungschef Viktor Orban entscheiden, sagte er bei einem Besuch in Luxemburg. Macron reagierte damit auf die Frage, ob er EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) unterstützen könne, der seine Kandidatur als EU-Kommissionspräsident erklärt hat. „Man kann nicht gleichzeitig Merkel und Orban unterstützen“, sagte Macron.

Bei der Begegnung in der Hafenstadt Marseille ging es nach Macrons Angaben auch um den Brexit, eine engere Zusammenarbeit bei der Verteidigung sowie die Vertiefung der Eurozone. Merkel nannte den für das Frühjahr geplanten EU-Austritt Großbritanniens ein „Thema, das wir bedauerlicherweise bearbeiten müssen“. „Wir wollen das in einem Geist tun, der uns später auch enge Partner sein lässt.“ Die verbleibenden EU-Mitglieder und Großbritannien benötigten einander bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Generell müsse die Europäische Union ihre interne Zusammenarbeit bei Verteidigung „angesichts der viele außenpolitischen Herausforderungen“ verstärken. (AFP, dpa)

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