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Autos first, Radfahrer nehmen vom Platz, was übrig bleibt - Alltag auf deutschen Straßen.

© imago images/Sabine Gudath

Treffen der Verkehrsminister: Verkehrssicherheit – nicht im Gespräch

Bei Corona ist die Gesundheit der Menschen das Mega-Thema – bei Verkehrssicherheit dagegen nicht. Dabei wird es auf den Straßen immer heikler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Wenn etwas aktuell im krassen Gegensatz zueinander steht, dann sind das die Sorgen um die Gesundheit der Bevölkerung in Sachen Corona und denselben Sorgen in Sachen Verkehrssicherheit. Während sich hier die gesamte Politik nur so überschlägt vor Regulierlust, ist dort nichts dergleichen zu verspüren. Vom überfälligen Tempolimit auf Autobahnen mal ganz abgesehen warten viele Verkehrsteilnehmer bis heute auf akzeptable und sichere Konzepte für die Trennung von Rad- und Autoverkehr.

Die Devise lautet „Auto first“, der Rest muss weichen. Von einer Temporeduzierung innerorts hält Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ausdrücklich nichts. Parken in der zweiten Reihe ist üblich geblieben, immer noch überfahren abbiegende Lkw Menschen, die im toten Winkel verschwunden sind, und ein omnipräsenter Aufruf zur Abstandswahrung wie in Sachen Corona war für den Mindestabstand von ebenfalls 1,50 Metern, den Autofahrer zu Fahrrädern wahren sollen, auch nicht zu sehen.

Statt dass wie beim Virus leidenschaftlich Sicherheitsverbesserungsvorschläge entworfen und debattiert würden, ist in Sachen Verkehr eher das Gegenteil der Fall – womit die gescheiterte Reform des Bußgeldkatalogs gemeint ist, die unter anderem höhere Strafen für Raser vorgesehen hätte.

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Dazu passt auch, dass es beim virtuellen Treffen der Verkehrsminister der Länder und dem Bundesverkehrsminister am Mittwoch und Donnerstag vor allem um einen Pandemie-Notfallplan für den europäischen Güterverkehr gehen soll. Keine größere Rolle soll dagegen ein Eckpunktepapier von Bund und Ländern zur Erhöhung der Verkehrssicherheit spielen. In dem Papier, das der Deutschen Presseagentur vorab vorlag, werden unter anderem eine sichere Infrastruktur, nachvollziehbare Regeln und eine konsequente Überwachung von Regeln gefordert.

Dabei wird die Verkehrssicherheit in Pandemiezeiten eigentlich bedeutender: Die Straßen sind voller geworden. Menschen, die den öffentlichen Nahverkehr meiden wollen, setzen sich in Autos oder auf Räder, genauer: in Autos, die immer größer und mächtiger werden – Stichwort: SUVs und ähnliche –, und auf Räder, die immer schneller werden – Stichwort: E-Bikes. Dazu ist jetzt Herbst mit dunklen und nassen Tagen, was die Sicht auf das Verkehrsgeschehen verschlechtert und Unfälle noch wahrscheinlicher macht. Fans eines verträglich regulierten Verkehrsgeschehens können also weiter nur von den Niederlanden träumen. Ob es hierzulande jemals vergleichbar moderne, sichere, menschen- und umweltverträgliche Verkehrskonzepte geben wird? Die Verkehrsministerschalte dieser Tage wird dabei kaum helfen.

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