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Das Kreuz auf dem Grab von Helmut Kohl auf dem Friedhof in Speyer (Rheinland-Pfalz).

© Boris Roessler, dpa

Trauerfeiern für Helmut Kohl: "Wenn du nicht verzeihen kannst, bist du kein Christ"

Sie waren wohl unerwünscht. Die Söhne Peter und Walter Kohl fehlten bei den Trauerfeiern für ihren verstorbenen Vater. Über die Leere nach der Leere. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Es bleibt etwas nach, etwas Tieftrauriges. Denn manchmal prägen sich Leerstellen stärker im Gedächtnis ein als Bilder von Vorhandenen. Zwei Menschen fehlten bei den Trauerfeiern für Helmut Kohl. Weder waren sie in der Berliner St. Hedwigskathedrale noch im Straßburger Europaparlament noch im Dom zu Speyer. Peter und Walter Kohl waren wohl unerwünscht. Ob dies der Wunsch ihres Vaters war oder der seiner Ehefrau Maike Kohl-Richter, ist unklar, aber auch unerheblich. Das Fehlen der Söhne deutet indes auf ein Zerwürfnis hin, das der ehemalige Bundeskanzler bis an sein Lebensende nicht bereit war zu befrieden.

Helmut Kohl, der katholische Christ, nimmt seinen Groll mit ins Grab. Das ist Strafe genug, er möge trotzdem Frieden finden. Das enthebt eine Nachwelt allerdings nicht von der Pflicht, sich selbst der Werte des Vergebens und Verzeihens zu vergewissern.

"Gott davon überzeugen, dass wir gut sind im Vergeben"

Im September 2015 sagte Papst Franziskus in einer Morgenmesse in der Casa Santa Mara: „Wenn du nicht verzeihen kannst, dann bist du kein Christ. Vielleicht bist du ein guter Mann oder eine gute Frau, aber du machst nicht das, was der Herr getan hat. Und noch mehr: Wenn du nicht verzeihst, dann kannst du auch nicht den Frieden des Herrn erhalten, also die Vergebung Gottes. Jeden Tag beten wir das Vater Unser, und da heißt es: ,…und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben… ´. Das ist ein Muss. Wir müssen Gott davon überzeugen, dass wir gut sind im Vergeben: Dann gibt es auch das Umgekehrte. Vergebt einander! So wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr.“

Wir müssen aufeinander zugehen

Der Vorgänger von Franziskus, Papst Benedikt, sagte wiederum in einer Predigt im Mai 2005 zum Abschluss des nationalen Eucharistischen Kongresses in Bari: „Wir können nicht mit dem Herrn kommunizieren, wenn wir nicht untereinander kommunizieren. Wenn wir vor ihm erscheinen wollen, müssen wir uns auch bewegen und aufeinander zugehen. Dazu müssen wir die große Lektion der Vergebung lernen: Nicht im Herzen das nagende Gefühl des Grolls arbeiten lassen, sondern das Herz für die Großmut öffnen und dem anderen zuhören, das Herz für das Verständnis ihm gegenüber öffnen, um möglicherweise seine Entschuldigungen anzunehmen und unsere eigenen großzügig anzubieten.“ 

Darf man an diese Worte erinnern? Man darf nicht nur, man muss.

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