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Die bestehenden EU-Vorschriften zum Tierwohl in der Landwirtschaft sollen überarbeitet werden.

© dpa

Tierwohl: EU-Parlament will mehr Klarheit bei Brüsseler Vorschriften

Im EU-Parlament stellt der französische Abgeordnete Decerle seinen Bericht für eine Überarbeitung der Tierwohl-Vorschriften vor. Eine Verschärfung lehnt er ab.

Mehr Klarheit bei den Bestimmungen zum Tierwohl in der Landwirtschaft, eine größere Einheitlichkeit bei den Kontrollen und die Erfassung weiterer Tierarten – das sind die Forderungen des französischen EU-Abgeordneten Jérémy Decerle. Der 37-Jährige stellte am Montagabend bei der Plenumssitzung des Europaparlaments in Straßburg seinen Umsetzungsbericht vor, der eine Überarbeitung der bestehenden Brüsseler Richtlinien zum Tierwohl zum Ziel hat.

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Beim Tierwohl erreiche man gar nichts, wenn man gegen die Landwirte agiere, warnte Decerle. Europa sei derjenige Kontinent, der in diesem Bereich « zu Recht die höchsten Standards weltweit festgelegt hat « . Diese Standards müssten auch für eingeführte Produkte gelten, forderte er.

Strategie « Vom Hof bis auf die Gabel »

Die EU-Kommission plant, im kommenden Jahr eine überarbeitete Tierwohl-Gesetzgebung vorzulegen, die der so genannten «Farm to fork »-Strategie Rechung tragen soll – auf Deutsch : « Vom Hof bis auf die Gabel ». Landwirtschaft und die Nahrungsmittelindustrie sollen der Strategie zufolge künftig klimaschonender gestaltet werden. Zudem soll der Artenschutz gestärkt werden.

Eine Verschärfung der bestehenden EU-Vorschriften wird in dem Bericht des Franzosen Decerle allerdings nicht verlangt. Decerle gehört der liberalen « Renew »-Fraktion im Europaparlament an, der drittstärksten politischen Kraft in der Straßburger Kammer. Ihre gestiegene Bedeutung verdankt die « Renew »-Fraktion dem Wahlsieg des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2017 und dem Eintritt zahlreicher neuer Abgeordneten der Präsidentenpartei « La République en Marche » ins EU-Parlament zwei Jahre später.

Im April möchte Macron als Präsident wiedergewählt werden, und im immer noch stark von der Landwirtschaft geprägten Frankreich spielen die Bauern dabei eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund ist es keine große Überraschung, dass Decerle, der von 2016 bis 2019 Vorsitzender der französischen Jungbauern war, in seinem Bericht eher verständisvoll auf die Lage des Agrarsektors eingeht.

Grünen-Abgeordneter Häusling kritisiert Stoßrichtung des Berichts

„In dem Bericht wird eher über die Lage der Bauern geklagt als über die Lage der Tiere“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Die Grünen wollen den Bericht in der morgigen Abstimmung im Plenum ablehnen. Allerdings gilt es als wahrscheinlich, dass die konservative EVP-Fraktion, Liberale und Sozialdemokraten dem Vorschlag Decerles an diesem Dienstag eine Mehrheit verschaffen.

In seinem Papier spricht sich der Landwirt zwar dafür aus, dass es angesichts des Wildwuchses bei den unterschiedlichen Tierwohl-Labels in der EU eine größere Einheitlichkeit geben soll. Allerdings plädiert er dafür, dass es auf EU-Ebene bei der freiwilligen Verwendung des Labels bleiben soll. Es bestehe „kein Konsens zwischen den Interessenträgern über eine Kennzeichnungspflicht auf der Ebene der EU“, lautet das Fazit des Berichts.

Özdemir will verbindliches Tierwohl-Label

In Deutschland will Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hingegen ein verbindliches Tierwohl-Label mit vier verschiedenen Haltungsstufen von der Stallhaltung als Mindeststandard bis zur Biohaltung als Premium-Stufe einführen. Damit würde Deutschland über die EU-Vorgaben hinausgehen. Das von der Bundesregierung geplante Haltungssiegel muss indes so ausgestaltet sein, dass es mit EU-Recht kompatibel ist. 

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