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Elitepolizisten bewachen den Angeklagten.

© dpa/Emmanuel Dunand/Pool

Terrorprozess in Brüssel: Paris-Attentäter will sich nur von Allah richten lassen

Salah Abdeslam war am Terrorangriff vom November 2015 in Paris beteiligt. Jetzt steht er in Brüssel wegen einer Schießerei mit Polizisten vor Gericht.

Von Frank Jansen

Er gilt als einer der gefährlichsten Terroristen Europas, nun wird ihm der Prozess gemacht. Seit Montag muss sich Salah Abdeslam, einer der mutmaßlichen Drahtzieher der verheerenden Anschläge vom 13. November 2015 in Paris, vor einem Strafgericht im schwer gesicherten Justizpalast von Brüssel verantworten.

In dem Verfahren geht es allerdings nicht um den Angriff der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in der französischen Hauptstadt, sondern um eine Folgetat. Der heute 28 Jahre alte Abdeslam, ein Franzose mit marokkanischen Wurzeln, und zwei Komplizen hatten sich am 15. März 2016 im Brüsseler Vorort Forest ein stundenlanges Feuergefecht mit Polizisten geliefert. Drei Beamte wurden verletzt. Abdeslam floh, drei Tage später wurde er in der Brüsseler Islamistenhochburg Moolenbek festgenommen. Vor Gericht gab er sich nun weiter unbeugsam.

Belgische und französische Medien berichteten, Abdeslam habe sich geweigert, im Gericht aufzustehen und Fragen zu beantworten. „Mein Schweigen macht mich weder schuldig noch zu einem Kriminellen“, habe Abdeslam der Vorsitzenden Richterin Marie-France Keutgen gesagt. Und: „Ich habe keine Angst vor euch. Verurteilen Sie mich, es ist Allah, in den ich mein Vertrauen setze.“ Auf den Bildern der Gerichtszeichner sieht Abdeslam mit Vollbart und langen Haaren denn auch wie der klassische IS-Kämpfer aus. Alte Fahndungsfotos zeigten einen glattrasierten Milchbubi.

Die belgische Staatsanwaltschaft wirft Abdeslam dreifachen Mordversuch vor. Mitangeklagt ist der 24-jährige Tunesier Soufiane A. Er schob zu Prozessbeginn die Verantwortung für die Schießerei vom 15. März 2016 auf den Algerier Mohamed Belkaid, der bei dem Gefecht mit der Polizei tödlich getroffen wurde. Nur Belkaid habe auf die Beamten gefeuert, sagte Soufiane A. Ihm und Abdeslam drohen bei einer Verurteilung bis zu 40 Jahre Haft. In Frankreich steht Abdeslam der Prozess wegen der Teilnahme am Terrorangriff in Paris noch bevor.

Rätsel um die Rückkehr

Das Verhalten von Abdeslam am 13. November 2015 gibt allerdings auch Rätsel auf. Er ist der einzige Überlebende des neunköpfigen Terrorkommandos, das 130 Menschen tötete und mehr als 680 verletzte. Abdeslam hat nach seiner Festnahme zugegeben, Komplizen zu einem der Tatorte gefahren zu haben, dem Stade de France. In der Arena spielte die französische Fußballnationalmannschaft gegen die deutsche, als die Terroristen draußen angriffen. Außerdem habe er Hotelzimmer und Fahrzeuge gemietet, im Auftrag seines Bruders Ibrahim, gab Abdeslam an. Einer dieser Wagen war offenbar ein schwarzer VW Polo, der vor einem weiteren Anschlagsziel gesehen wurde, dem Konzertsaal Bataclan. Hier töteten die Attentäter 90 Menschen.

Als Chefplaner des Angriffs nannte Abdeslam den mit ihm in Molenbeek aufgewachsenen Belgier Abdelhamid Abaaoud. Er soll vom IS-Territorium in Syrien aus die Attacke in Paris organisiert haben. Fünf Tage nach den Anschlägen erschoss die Polizei Abaaoud bei einer Razzia im Pariser Vorort Saint Denis.

Abdeslam will während des Terrorangriffs in Paris seinen Sprengstoffgürtel weggeworfen haben. Bruder Ibrahim, der auch dem IS-Kommando angehörte, starb als Selbstmordattentäter. Warum Abdeslam mit Hilfe von zwei Komplizen nach Brüssel zurückkehrte und dort mit Hilfe von Gleichgesinnten untertauchte, ist unklar. Sicherheitsbehörden vermuten, er habe weitere Anschläge vorbereiten wollen – und das womöglich auch getan. Nur vier Tage nach Abdeslams Festnahme, am 22. März 2016, sprengten sich zwei IS-Terroristen am Brüsseler Flughafen Zaventem mit Nagelbomben in die Luft. Ein weiterer Attentäter riss in Brüssels U-Bahn Menschen mit in den Tod. Durch den Doppelanschlag starben mehr als 30 Opfer, etwa 300 Menschen wurden verletzt.

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