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Terroristische Bedrohung. Festnahme eines Verdächtigen in Molenbeek.

© Reuters

Terrornetzwerk der Paris-Attentäter: Angriffsziel Deutschland

Das Terrornetz der Paris-Attentäter erstreckt sich offenbar auch nach Ulm und Berlin. Die Sicherheitsbehörden gehen dem Verdacht nach, der festgenommene IS-Terrorist Salah Abdeslam könnte Anschläge in Deutschland geplant haben.

Von Frank Jansen

Die Sicherheitsbehörden gehen dem Verdacht nach, der am Freitag in Belgien festgenommene IS-Terrorist Salah Abdeslam könnte Anschläge in Deutschland geplant haben. Abdeslam, einer der führenden Köpfe der Attentäter von Paris, sei einem vom IS gebildeten Netzwerk zuzurechnen, das „explizit“ auch für Angriffe auf die Bundesrepublik gebildet worden sei, sagte ein hochrangiger Sicherheitsexperte dem Tagesspiegel. Ein Indiz ist eine mysteriöse Reise von Abdeslam nach Deutschland.

Der Franzose war im Oktober 2015 mit einem Mietwagen von Belgien nach Ulm gefahren und holte dort drei Männer ab. Diese lebten in einer Unterkunft für Asylbewerber und hatten sich als syrische Flüchtlinge ausgegeben. Wo die drei nun sind, sei unbekannt, sagen Sicherheitskreise. Abdeslam brachte jedenfalls den Wagen nach Belgien zurück. Es sei denkbar, dass die drei Männer bei den Anschlägen vom 13. November in Paris oder bei einem Angriff in einem anderen Land eingesetzt werden sollten, heißt es. Genannt werden Belgien und die Bundesrepublik.

Abdeslam hatte bei den Attacken in Paris mehrere Attentäter chauffiert und entkam nach Belgien. Vergangenen Freitag fasste die Polizei den Franzosen im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, einer Hochburg militanter Islamisten.

Im Verhör sagte Abdeslam, er habe sich in Paris auch in die Luft sprengen wollen, dann aber darauf verzichtet. Warum, wurde nicht bekannt. Zehn Tage nach den Anschlägen hatte die Polizei im Pariser Vorort Montrouge eine Sprengstoffweste gefunden, die in einem Mülleimer lag und Abdeslam zugeordnet wird. Der Terrorist hat den Ermittlern gegenüber zudem einen Plan für einen Angriff in Brüssel angedeutet. Er sei bereit gewesen, auch dort etwas „zu tun“, sagte er bei den Vernehmungen.

Der IS soll drei Gruppen für Angriffe in Westeuropa zusammengestellt haben

Die Terrormiliz IS habe drei Gruppen für Angriffe in Westeuropa zusammengestellt, heißt es in Sicherheitskreisen. Bei dem Netzwerk handelte es sich zunächst um etwa 30 Personen. Mehrere Mitglieder des ersten Teams seien bei einem Luftangriff der Amerikaner auf die syrische Stadt Rakka getötet worden. Rakka gilt als die Hauptstadt des „Islamischen Staates“. Die zweite Gruppe kam zumindest teilweise nach Frankreich und verübte die Anschläge in Paris. Acht Terroristen kamen am 13. November ums Leben. Einen der Drahtzieher des Angriffs, den Belgier Abdelhamid Abaaoud, erschoss die Polizei fünf Tage später in Saint-Denis bei Paris. 2008 und 2014 hatte er sich in Deutschland aufgehalten.

Wer zu der dritten Gruppe potenzieller IS-Angreifer gehört, ist offen. Die deutschen Behörden und ihre Kollegen in Europa untersuchen, wie Indizien zusammenpassen. Eine Spur: Abaaoud sei mutmaßlich von dem höheren IS-Funktionär Al Battar al Libi dirigiert worden, heißt es in Sicherheitskreisen. Und es gebe ein Foto, auf dem Al Battar al Libi in Syrien mit dem Algerier Farid A. zu sehen ist. Ihn und seine Frau nahm die Polizei im Februar in einem Flüchtlingsheim im sauerländischen Attendorn fest. Vordergründig ging es um einen algerischen Haftbefehl, doch Farid A. ist auch eine wichtige Figur in Ermittlungen zu einem offenbar frühzeitig vereitelten Anschlag in Berlin.

Ein möglicher Komplize von Farid A. ist ein Algerier aus einem Flüchtlingsheim in Hannover. Der Mann war kürzlich im Brüsseler Viertel Molenbeek. Dort hatte Abaaoud gelebt, dort wurde vergangenen Freitag Salah Abdeslam festgenommen. Mit den beiden und dem Terror überhaupt habe er nichts zu tun, sagte der Algerier der Polizei.

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