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Swift

© dpa

Terrorfahndung: Bankdaten frei

EU-Außenminister ermöglichen Verhandlungen mit den USA über die Weitergabe von Kontobewegungen.

Berlin - Die EU-Außenminister haben sich am Montag wenig beeindruckt gezeigt: Allen Warnungen von Datenschützern und den Protesten von Parlamentariern zum Trotz gaben sie der EU-Kommission grünes Licht, mit den USA über ein Abkommen zur Übermittlung europäischer Bankdaten für die Terrorfahndung zu verhandeln. Das Verhandlungsmandat, so erklärte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft schon zum Auftakt des Treffens am Morgen, solle ohne weitere Debatte beschlossen werden. Anschließend erteilten die Außenminister der Kommission dann auch das Mandat. 

„Es geht nicht darum, den USA einen Blanko-Scheck auszustellen“, erklärte EU-Justizkommissar Jacques Barrot. Verhandelt werde nur ein „auf wenige Monate begrenztes Abkommen“. Für ein endgültiges Abkommen werde später das EU-Parlament miteinbezogen. Für Deutschland war Staatssekretär Günter Gloser nach Brüssel gereist. Er sagte, eine Entscheidung in der Substanz habe nicht auf der Tagesordnung gestanden, „sondern ein Mandat für die Kommission, um ein neues Abkommen zu verhandeln“. Die Bundesregierung habe sich in Vorgesprächen für strenge Kriterien stark gemacht, wie den Datenschutz, Rechtsschutzmöglichkeiten und eine kurze Laufzeit des Vertrags. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ging auf die Bedenken ein und warnte: „Ich glaube, wenn man in die Freiheiten der Menschen eingreift, muss man sehr vorsichtig sein.“ 

Die Pläne sehen vor, den US-Zugang über eine europäische Behörde laufen zu lassen. Die USA hätten demnach keinen direkten Zugriff. Wie die Information betroffener Bankkunden aussehen könnte, darüber gab es am Montag keine Informationen.  Dem Abkommen müssen nach der Verhandlungsphase alle 27 europäischen Regierungen zustimmen.   

Für die Ausforschung terroristischer Geldquellen haben die USA schon bislang die Daten des Finanzdienstleisters Swift genutzt. Swift wickelt täglich etwa 15 Millionen Finanztransaktionen von 8300 Banken weltweit ab. Damit laufen die globalen Geldbewegungen über die Gesellschaft, auch die zwischen Terroristen. Da Swift eine Filiale im US-Staat Virginia unterhält, hatten die USA bislang einen problemlosen Zugang zu den Daten der Gesellschaft. Nun aber soll der Zahlungsverkehr innerhalb der EU ab Herbst auch nur noch innereuropäisch abgewickelt werden. Dafür wurde eigens ein Rechenzentrum in der Schweiz aufgebaut. Die USA wollen den Zugriff nicht verlieren und drängen deshalb auf ein Abkommen.

Nach noch geltendem EU-Recht kann die Kommission ein solches Abkommen ohne Beteiligung des Europaparlaments vereinbaren. Sollte Irland im Oktober in einem zweiten Referendum dem neuen Lissabon-Vertrag zugestimmt haben, wäre eine Parlamentsbeteiligung nötig. Datenschützer und EU-Parlamentarier hatten vor massiven Eingriffen in die europäischen Bürgerrechte gewarnt und zugleich eine sofortige Einbindung des Parlaments gefordert.

Ende Juni hatte die EU-Kommission den europäischen Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx gebeten, eine Stellungnahme zu dem geplanten Abkommen abzugeben. Anschließend äußerte Hustinx Bedenken: Es stelle sich die Frage, ob das neue Abkommen notwendig sei und ob die Verhältnismäßigkeit darin gewahrt werde, schrieb Hustinx. Insbesondere wies er darauf hin, dass das Abkommen einen Eingriff in die Privatsphäre darstelle. Zudem bestehe bereits innerhalb der EU und auf internationaler Ebene ein funktionierender Rechtsrahmen in diesem Bereich – etwa bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Wenn aber die Notwendigkeit eines Abkommens mit den USA nachgewiesen werden sollte, so müsse ein internationales Abkommen in jedem Fall den Schutz persönlicher Daten als Grundrecht berücksichtigen. Aus Hustinx’ Büro hieß es zudem, dass die USA im Rahmen des geplanten Abkommens auch Zugriff auf Daten zu inländischen Banktransaktionen bekämen – solche Überweisungen sollen den Angaben zufolge ebenfalls nach und nach über Swift abgewickelt werden.

Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel sagte, das Verfahren, den USA die innereuropäischen Bankdaten zu überlassen, sei nicht nachvollziehbar. „Es gibt keinen Beleg, wie wichtig die Daten für die Terrorabwehr sind“, sagte sie. Die Auswertung der Daten „könnten wir in Europa auch selber machen“. Zweifel äußerte sie auch an dem Klagerecht, das in der neuen Vereinbarung verankert werden soll: „Mir ist es lieber, wenn ich vor dem Europäischen Gerichtshof klagen kann, als wenn ich irgendwo in den USA klagen muss.“

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