zum Hauptinhalt
Donald Trump am Telefon

© REUTERS/Jonathan Ernst

Telefonat mit ukrainischem Präsidenten: Die Telefon-Affäre könnte Biden mehr schaden als Trump

Nach einem erneuten Skandal steht nicht nur der US-Präsident unter Beobachtung, sondern auch sein Herausforderer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Ist der Ruf erst ruiniert, regiert es sich ganz ungeniert. Die Kunst, jeden Skandal an sich abperlen zu lassen wie Öl auf Gummi, hat Donald Trump perfektioniert. Weil ihm inzwischen alles zugetraut wird, bleibt nichts an ihm haften. Indizien für Amtsmissbrauch definiert der US-Präsident zu Stilfragen um. Und über Stil lässt sich bekanntlich streiten.

Schlimmer noch: Trump ist ein Meister darin, die Pfeile, die auf ihn abgeschossen werden, gegen die Schützen zu richten. So auch diesmal, in der potenziell explosiven Affäre seines Telefonats mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 25. Juli. Insgesamt etwa achtmal, schreibt das „Wall Street Journal“, soll Trump dabei Selenskyj aufgefordert haben, kompromittierende Informationen über den Sohn von Joe Biden, den 49 Jahre alten Hunter Biden, zusammenzutragen. Joe Biden ist der demokratische Hauptrivale Trumps im kommenden Präsidentschaftswahlkampf.

Zur Zeit des Telefonats lag eine vom US-Kongress bereits beschlossene Militärhilfe an die Ukraine in Höhe von 250 Millionen Dollar auf Eis. Der Verdacht steht im Raum, dass Trump Selenskij eine Art Deal vorgeschlagen hat: Zahlung des Geldes gegen Bidens belastende Informationen. Das wäre eine Ungeheuerlichkeit und böte Anlass zu einem Amtsenthebungsverfahren.

Das Telefonat hat Trump inzwischen zugegeben

Das Telefonat mit Selenskij hat Trump inzwischen zugegeben. Es sei darin auch um Korruption in der Ukraine gegangen und darum, dass Joe und Hunter Biden zu der Korruption nicht beitragen dürften. Mehr aber nicht, beteuert Trump. Der Forderung nach einer Veröffentlichung des Wortlauts des Gesprächs ist das Weiße Haus bislang nicht nachgekommen.

Nun keilt Trump zurück. Im Zentrum der Affäre stünde nicht er, sondern der damalige Vizepräsident Joe Biden sowie dessen Sohn Hunter. Dieser saß 2014 im Vorstand eines ukrainischen Gaskonzerns, gegen den wegen Korruption ermittelt wurde. Joe Biden wiederum, der damalige US-Vizepräsident, hatte dem damaligen ukrainischen Präsidenten gedroht, Kreditbürgschaften zurückzuhalten, falls der ermittelnde Generalstaatsanwalt nicht entlassen würde. Trump versucht, zwischen beiden Ereignissen einen Zusammenhang zu konstruieren. Bewiesen ist nichts.

Durchaus möglich aber ist, dass Biden die Affäre letztlich mehr schadet als Trump. Ein Trump, der sich mies verhält, festigt seinen ohnehin ramponierten Ruf. Ein selbst ernannter Saubermann Biden, der seinen Anhängern verspricht, wieder Anstand und Würde ins Weiße Haus zu bringen, beschädigt mit jedem mutmaßlichen Fehltritt sein Image. Das gibt einen bitteren Vorgeschmack auf die absehbare Brutalität eines Präsidentschaftswahlkampfes, der noch nicht einmal begonnen hat.

Zur Startseite