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Seile hängen an einem Galgen in einem Hinrichtungsraum.

© picture alliance / dpa

Tag der Menschenrechte: Nicht schweigen, sondern bestrafen

Wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, muss sich die Politik zu Wort melden – und Schlüsse daraus ziehen. Die nennen sich Sanktionen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wie war das noch? Nichts ist so spannend oder auch so bedeutend wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Sei es auch nicht ganz korrekt zitiert – der Tenor ist einer, der zum Tag der Menschenrechte passt. Wäre das nicht eine Idee, eine großartige, große, den Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen?

Ja, wäre es. Wenn nicht schon viele, darunter große Geister und Politiker, darauf gekommen und daran gescheitert wären. Es ist doch so: gescheitert. Denn seit Jahrzehnten gibt es rechtliche und andere Regelungen; nur dass die offenkundig mit Ignoranz gestraft werden. Als würde der Mensch nicht klüger. Die Liste der Menschenschänder ist lang, wird nicht kürzer und liest sich alles in allem erschreckend.

Zur Erinnerung: Auf internationaler Ebene wurde 1948 die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen verabschiedet. Die gilt, logischerweise, universal, global und ist aktuell. Aber rechtlich nicht bindend.

Bindend dagegen sind die schon 1966 geschlossenen Pakte: der über bürgerliche und politische Rechte, der über wirtschaftliche, soziale und kulturelle. So viele Menschenrechtsabkommen wurden verabschiedet, die Europäische Menschenrechtskonvention von 1953, die Amerikanische Menschenrechtskonvention von 1969, die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker von 1981, die Arabische Charta der Menschenrechte 1994, die asiatische Menschenrechtsdeklaration von 2012.

Aber auch dass die Gerichtshöfe, zum Beispiel der Europäische oder der Internationale Strafgerichtshof, sich mit Menschenrechten befassen, ist bei Weitem keine Garantie für deren Einhaltung. Genozide finden statt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen.

Als würde der Mensch nicht klüger. Schlimmer noch, er zeichnet auch noch solche mit gesellschaftlich hoch angesehenen Preisen aus, sagen wir: dem Literaturnobelpreis, die in Texten Machtansprüche, dokumentierte Massaker und Vergewaltigungen mit ihren Worten adeln. Die Kriegsverbrecher in Schutz nehmen. Verbrecher wie den Serben Slobodan Milosevic.

Der Fortschritt ist eine Maus

Dabei könnten es ja alle besser wissen. Es gibt genügend Hinweise jährlich auf die Verletzungen von Menschenrechten, von Amnesty International über Human Rights Watch bis hin zu den UN. Aber wenn die Staaten doch nicht willens sind – was hilft? Was bleibt also? Gewalt gewiss nicht.

Nur schon der Fundus dessen, was an gewaltigen Waffen eingesetzt werden könnte, ist viel zu gefährlich. Lebensgefährlich.

Nein, was bleibt, was hilft, das ist, der Idee zu folgen: dass es universelle Menschenrechte gibt. Und gehe es in winzig kleinen, in Mäuseschritten voran. Hier ist der Fortschritt eine Maus. Da gilt es beispielsweise, den Chinesen als der neuen Weltmacht vor aller Welt zu sagen, dass jeder sehen kann, was sie tun.

Ihnen Mal um Mal öffentlich zu erklären, dass die Teilnahme an einem internationalen Regelwerk nicht bedeutet, dass sie das Regelwerk bestimmen. Das soll sie irritieren. Und Irritation ist der Anfang. Konsequenzen sind der nächste Schritt. Wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, da darf die Politik als Erstes nicht schweigen – und muss als Zweites ihre Schlüsse daraus ziehen. Die nennen sich Sanktionen.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit*, alte, revolutionäre Ideale. Sie sind auch noch nicht verwirklicht, trotzdem bleiben sie das, wonach Menschen streben. Um wie viel besser kann es erst werden, wenn mit dem Freiheitsdrang die gründliche Kenntnis der Menschenrechte alle Nationen durchdringt.

Das ist auch schon eine ältere Erkenntnis, eine von Benjamin Franklin, die zu verwirklichen sich aber immer noch lohnt. Schon gar in diesen Zeiten, in denen eine Chance darin liegt, dass Informationen nicht an Landesgrenzen haltmachen. Tatsachen und Taten werden offenbar. Und so kann sich ganz langsam zum Besseren wenden, was wir zu diesem Tag beklagen müssen. Eines Tages. Ist so eine Idee.

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