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Polizisten stehen in der Nähe des Tatorts auf der Straße.

© Geoffroy van der Hasselt/AFP

Täter soll Visionen gehabt haben: Motiv der tödlichen Messerattacke in Paris unklar

Ein Mitarbeiter der Polizei greift in der Präfektur in Paris Kollegen mit einem Messer an und tötet vier von ihnen. Er soll Stimmen gehört haben.

Die tödliche Messerattacke in der Pariser Polizeipräfektur mit insgesamt fünf Toten gibt weiter Rätsel auf. „Wir haben keine Hinweise auf eine mögliche Radikalisierung des Täters“, sagte Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye am Freitagmorgen dem Sender Franceinfo. Sie reagierte damit auf Berichte, nach denen der 45-jährige Angreifer 2017 zum Islam konvertiert sei. „Nur weil Sie ein Muslim sind, bedeutet das nicht, dass Sie ein Terrorist sind“, sagte Ndiaye.

Weiter keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund

Der 45 Jahre alte Mitarbeiter des Polizeihauptquartiers im Herzen von Paris hatte am Donnerstag vier Menschen mit einem Messer getötet und war dann erschossen worden. Es soll sich um drei Männer und eine Frau handeln. Der in dieser Form beispiellose Fall löste in Frankreich Entsetzen und Trauer aus. Staatschef Emmanuel Macron und Regierungsmitglieder waren am Donnerstag an den Tatort gekommen, um mit Mitarbeitern zu sprechen.

Ein terroristischer Hintergrund sei nicht ausgeschlossen, allerdings gebe es zu diesem Zeitpunkt der Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür, betonte Regierungssprecherin Ndiaye. Medien zufolge war der Hintergrund ein interner Konflikt innerhalb der Polizeibehörde. Der Rundfunksender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, der Täter habe nach Angaben seiner Frau vor der Attacke am Donnerstag „Visionen gehabt“ und „Stimmen gehört“.

Der Vater von zwei Kindern im Alter von drei und neun Jahren war schwerhörig und galt als behindert. Eine Nachbarin in dem Ort Gonesse nordöstlich von Paris beschrieb den Mann als „sehr ruhig“. Er sei regelmäßig zur Moschee gegangen, habe aber keine Anzeichen von Fanatismus gezeigt.

Der mutmaßliche Täter benutzte ein Keramikmesser

Berichten zufolge war der 45-Jährige in der als sensibel geltenden Abteilung „Direction de renseignement“ der Polizeibehörde eingesetzt - in dieser Abteilung geht es unter anderem um den Kampf gegen Terrorbedrohungen. Er sei ein Informatiker in dieser Abteilung gewesen und habe seit 1993 bei der Polizei gearbeitet, sagte Loïc Travers von der Polizeigewerkschaft Alliance dem Sender BFMTV. Er sei ein vorbildlicher Beamter gewesen, der von seinen Kollegen sehr geschätzt worden sei.

Der Wohnsitz des mutmaßlichen Täters war am Donnerstag durchsucht worden, sagte Chefermittler Rémy Heitz. Wie Justizkreise ergänzten, wurde die Frau des Täters in Polizeigewahrsam genommen. Die Tat ereignete sich laut Innenminister Christophe Castaner am Donnerstag zwischen 12.30 und 13.00 Uhr. Er sprach von einem „mörderischen Lauf“. Der mutmaßliche Täter habe ein Keramikmesser benutzt, berichtete der Sender BFMTV.

Die französische Polizei gilt als chronisch überlastet

Nach dem Angriff waren am Donnerstagnachmittag große Teile der Seine-Insel Île de la Cité, auf der sich das Polizeihauptquartier befindet, abgesperrt. Viele Brücken über die Seine auf die Insel waren geschlossen und wurden von schwer bewaffneten Polizisten gesichert. Anwohner kamen nicht in ihre Wohnungen. Touristen, die Sehenswürdigkeiten wie die Notre-Dame-Kathedrale auf der Insel besuchen wollten, zeigten sich irritiert. Viele hatten gar nicht mitbekommen, was passiert war.

Erst am Mittwoch hatten Tausende Polizisten in Paris für bessere Arbeitsbedingungen protestiert. Mehrere Gewerkschaften hatten zu dem „Marsch der Wut“ im Osten der Hauptstadt aufgerufen. Nach Angaben der Organisatoren, der Polizeigewerkschaft Unité SGP Police, waren in Paris rund 27.000 Polizisten auf die Straßen gegangen. Wie der Radionachrichtensender Franceinfo berichtete, gab es in der Polizei seit Jahresbeginn rund 50 Suizide.

Die französische Polizei gilt als chronisch überlastet. Seit 2015 machte ihr die Serie islamistischer Anschläge mit mehr als 240 Toten zu schaffen. Seit dem vergangenen Herbst stieg der Druck durch Gewalt am Rande von "Gelbwesten"-Protesten. (dpa, AFP)

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