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Georg Bätzing (l), Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

© dpa/Arne Dedert

„Systemversagen“ der Kirche: Vorsitzender der Bischofskonferenz warnt dennoch vor Vorverurteilung

Bischof Georg Bätzing fordert Systemveränderungen in der Kirche bei Missbrauchs-Aufklärung. Die vom Papst entsandten Visitatoren seien ein starkes Zeichen.

Die Debatte über den Umgang des Erzbistums Köln mit zwei Missbrauchsgutachten hat nach Einschätzung von Bischof Georg Bätzing „zu neuer Verunsicherung und einem Schaden der Kirche geführt“. Der Schaden gehe „weit über das Erzbistum Köln hinaus“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der „Rheinischen Post“.

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Die Diskussionen über die Missbrauchsgutachten und das Verhalten der Kirche würden auch den Betroffenen nicht gerecht. „Wir können aus der massiven Krise nicht herauskommen mit irgendwelchen Schönheitsreparaturen äußerlicher oder juristischer Art. Wir haben als Kirche in Deutschland ein Systemversagen wahrgenommen, das zeigt: es braucht Systemveränderungen“, sagte Bätzing. Die von Papst Franziskus angeordnete Untersuchung im Erzbistum Köln durch sogenannte apostolische Visitatoren sei „schon ein starkes Zeichen“.

Der Papst habe die Maßnahme ergriffen, „um in einer hoch komplexen, teils aufgeheizten und von großem Unverständnis und Misstrauen auf allen Seiten geprägten Situation klärend zu helfen“, sagte Bätzing. Allerdings dürfe es keine Vorverurteilung geben.

Vom Papst entsandte Visitatoren

Im Besuch der Visitatoren sieht Bischof Bätzing aber keine Niederlage für das Ansehen der Kirche, sondern einen Gewinn: dass es nämlich „einen fairen Diskurs gibt und nicht einfach so weitergemacht wurde, als sei die Stimmung in Köln großartig“. Seit Montag sind die Apostolischen Visitatoren, der Stockholmer Kardinal Anders Arborelius und der Rotterdamer Bischof Hans van den Hende, in Köln. Ihre ersten Gespräche führten sie mit Missbrauchsbetroffenen.

Bei den vom Papst entsandten Visitatoren handelt es sich um den Stockholmer Bischof Kardinal Anders Arborelius und den Bischof von Rotterdam, Johannes van den Hende. Die Papstgesandten wollen sich vor Ort ein Bild von der „komplexen pastoralen Situation“ in der Diözese verschaffen.

[Mehr zum Thema: Warum der Missbrauchsskandal über Köln weit hinaus geht (T+)]. 

Dabei sollen sie auch mögliche Fehler des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki und weiterer Kirchenvertreter im Umgang mit Missbrauchsfällen und Vertuschungsvorwürfe untersuchen. Ihre ersten Gespräche führten sie am Dienstag mit Missbrauchsopfern.

Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki seit Monaten in der Kritik

Woelki steht seit Monaten heftig in der Kritik, weil er ein Gutachten einer Münchner Kanzlei zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche mit Verweis auf angebliche methodische Mängel unter Verschluss hielt.

In einem im März vorgestellten Gutachten wurde der Erzbischof im Zusammenhang mit Vorwürfen der Vertuschung von Fällen sexuellen Missbrauchs persönlich entlastet. Der Skandal um die Vorgänge im Kölner Erzbistum versetzte die katholische Kirche in Aufruhr, zahlreiche Gläubige traten dort bereits aus. Kölner Katholiken fordern nach wie vor den Rücktritt Woelkis.

Mit Blick auf den angebotenen Rücktritt des Münchner Kardinals Reinhard Marx sagte der Konferenzvorsitzende, dass Papst Franziskus Marx ermuntert habe, die Begründung seines Rücktrittsangebotes zu veröffentlichen, sei ein Hinweis darauf, wie deutlich der Papst den Ernst der kirchlichen Situation in Deutschland einschätze.

Erzbischof Marx hatte als Konsequenz aus dem Umgang der Kirche mit den Missbrauchsfällen am Freitag vergangenen Woche dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Er wolle Mitverantwortung übernehmen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, hieß es in einem Brief des früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz an Franziskus. „Mit der Veröffentlichung des Rücktrittsangebots wollte er sehr wohl ein Zeichen senden, das aufhorchen lässt. Was am vergangenen Freitag passiert ist, ist ein Weckruf für die Kirche in Deutschland“. (AFP, KNA, epd)

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