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Hand in Hand für Syriens Zukunft. Wladimir Putin, Angela Merkel, Recep Tayyip Erdogan und Emmanuel Macron (v.l.n.r.) beim Treffen in Istanbul.

© Oliver Weiken/dpa

Syrientreffen in Istanbul: Was sich für Putin rechnet

Deutschland, Russland, die Türkei und Frankreich wollen den Syrienkonflikt beenden. Doch Moskau möchte den Westen für Frieden zahlen lassen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Welch ein Bild der Einigkeit! Angela Merkel, Emmanuel Macron, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan halten sich beim Syriengipfel in Istanbul an den Händen.

Die Botschaft, die von dem Bild ausgehen soll, ist klar: Seht, wir kümmern uns, gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass das geschundene Land Frieden findet und Zerstörtes wieder aufgebaut wird, damit die Millionen Flüchtlinge so bald wie möglich heimkehren können.

Um diese Wunschvorstellung zu illustrieren, werden große Worte bemüht. Von einem Bekenntnis zur Unabhängigkeit Syriens ist die Rede, von Einheit und territorialer Unversehrtheit. Und von einem politischem Prozess, weil der Krieg militärisch nun mal nicht zu beenden sei. Schön, wenn es so wäre und käme.

Wer schert sich noch um Amerika?

Doch die Realität ist eine ernüchternd brutale. Wie um die vollmundigen Ankündigungen gleich wieder ad absurdum zu führen, greifen unmittelbar nach dem eintägigen Stelldichein am Bosporus türkische Streitkräfte im Norden Syriens Stellungen der Kurdenmiliz YPG an.

Das sind jene Einheiten, die erfolgreich Dschihadisten bekämpfen und von den USA unterstützt werden. Doch Erdogan schert das wenig. Er betrachtet die YPG als Ableger der terroristischen Arbeiterpartei Kurdistans PKK und will sie vernichten – egal, was Washington darüber denkt.

Überhaupt Amerika. Wenn es um Syrien im Speziellen und den Nahen Osten im Allgemeinen geht, hat die Supermacht nicht mehr viel zu sagen. Die Zeiten, in denen die USA den Kurs in der Region mitbestimmten, waren bereits lange vorbei, als Donald Trump sein Amt antrat.

Mitglieder der Kurdenmiliz YPG gelten als erfolgreiche Gegner des "Islamischen Staats".
Mitglieder der Kurdenmiliz YPG gelten als erfolgreiche Gegner des "Islamischen Staats".

© Delil Souleiman/AFP

Wer in der Krisenregion was erreichen will, stellt sich heute mit Russland gut. Moskau hat die große Leerstelle, die die USA hinterlassen haben, mit Machtpolitik gefüllt. Kein Wunder, dass Amerika zum Gipfel in Istanbul gar nicht erst geladen war. Wozu einen hinzubitten, der nichts zu melden hat?

Ähnliches gilt für die UN. Es ist schon sehr wohlfeil, wenn Merkel, Macron, Putin und Erdogan jetzt wieder mal die Vereinten Nationen ins Spiel bringen. Die Weltorganisation soll dafür sorgen, dass Syrien irgendwann mal freie Wahlen und eine Verfassung bekommt.

Der Westen soll zahlen

Aber wie kann den UN plötzlich das gelingen, was ihnen in den vergangenen Jahren versagt blieb? Warum will der Beauftragte Staffan de Mistura sein Amt als Vermittler bald abgeben? Weil die Vereinten Nationen sowohl Putin als auch seinen Schützling Baschar al Assad allenfalls als Feigenblatt dienen, mit dem sie ihre Agenda bemänteln, wenn es ihnen opportun erscheint.

Dass Merkel und Macron in Istanbul waren, hat so nur einen Grund: Sie sollen viel Geld herbeischaffen. Abermilliarden werden für Syriens Wiederaufbau benötigt, zahlen soll der Westen. Schließlich will Europa die Flüchtlinge loswerden. Der Kremlchef ist aber nicht bereit, sich mit einem Mitspracherecht zu revanchieren. In Syrien hat nur einer das Sagen: Wladimir Putin.

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