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Erdogan lud zu einem neuen Syrien-Gipfel am Rande des BRICS-Treffens in Südafrika.

© Mike Hutchings, dpa

Syrien-Konflikt: Erdogan plant Gipfel ohne Trump

Der türkische Präsident warnt, die USA könnten einen wichtigen Partner verlieren. Die Spannungen wachsen.

Ein heftiger Streit mit den USA lässt die Türkei verstärkt die Nähe zu Russland und Europa suchen. Am 7. September sollen sich Spitzenvertreter der Türkei, Russlands, Deutschlands und Frankreichs unter Ausschluss der USA in Istanbul treffen, um über die Zukunft Syriens zu reden. Das kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan jetzt an. Laut Medienberichten bereitet Erdogan ebenfalls für September einen Staatsbesuch in der Bundesrepublik vor. Gleichzeitig eskaliert eine Konfrontation Erdogans mit US-Präsident Donald Trump.

In Syrien gilt die unmittelbare Sorge Ankaras der Provinz Idlib an der türkischen Südgrenze. Dort hatten sich in den vergangenen Monaten zehntausende islamistische Kämpfer mit ihren Familien in Sicherheit gebracht, nachdem sie von Russland und syrischen Regierungstruppen aus anderen Landesteilen vertrieben worden waren. Nach der jüngsten Regierungsoffensive im Südwesten Syriens befürchtet Erdogans Regierung einen baldigen Angriff in Idlib – was nach Einschätzung Ankaras eine neue Fluchtwelle von bis zu 3,5 Millionen Menschen Richtung Türkei auslösen könnte.

Bedeutungsverlust der Amerikaner

Erdogan hatte in den vergangenen Tagen in Südafrika am Rande eines Gipfeltreffens der so genannten Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen. Er wolle im September in Istanbul mit Spitzenvertretern von Russland, Deutschland und Frankreich zusammenkommen, um über weitere Schritte zu beraten, sagte Erdogan vor mitreisenden türkischen Journalisten. Die USA lud er nicht ein.

Der Istanbuler Gipfel soll laut Berichten regierungsnaher Medien in der Türkei neue Friedensbemühungen für Syrien einleiten, die parallel zur türkischen Zusammenarbeit mit Russland und dem Iran im so genannten Astana-Prozess laufen sollen. Dass Erdogan die USA dazu nicht einlädt, zeigt zum einen den Bedeutungsverlust der Amerikaner im Syrien- Konflikt.

Zum anderen demonstriert Erdogan mit der Gipfel-Initiative seine politische Distanz zu den USA, die nicht nur in der Syrien-Politik besteht. Unter anderem lehnt der türkische Präsident die amerikanische Forderung nach einer wirtschaftlichen Isolierung des türkischen Nachbarn Iran ab. Die Türkei werde auch weiterhin iranisches Erdgas importieren, betonte Erdogan. Das habe er Trump auch gesagt.

Kritik an Deutschland-Besuch

Der offenbar geplante Deutschland-Besuch Erdogans gehört ebenfalls zu dieser außenpolitischen Neuausrichtung. Erdogan hatte im vergangenen Jahr am G20-Gipfel in Hamburg teilgenommen und beim Nato-Treffen Mitte des Monats in Brüssel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen, doch sein letzter Besuch in Berlin liegt mehrere Jahre zurück. Die Bundesregierung hatte zuletzt mit der Lockerung der Reisehinweise für die Türkei und einem Ende wirtschaftlicher Sanktionen ihre Bereitschaft zu einer vorsichtigen Normalisierung der Beziehungen zu Ankara signalisiert.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte den geplanten Deutschland-Besuch Erdogans. Erdogan habe die Türkei in ein Land mit „Zensur, Willkür, Vetternwirtschaft und Autokratie“ verwandelt. Entsprechend müsse er auch behandelt werden, kritisierte er die geplante Form eines Staatsbesuches.

Streit um einen Geistlichen

Ursprünglich hatte Erdogan gehofft, sich auch mit Trump arrangieren zu können. Der Fall des amerikanischen Pastors Andrew Brunson, der in der Türkei wegen angeblicher staatsfeindlicher Aktivitäten vor Gericht steht, hat diese Bemühungen jedoch torpediert. Per Twitter hatte Trump der Türkei in den vergangenen Tagen mit harten Sanktionen gedroht, falls Brunson nicht freigelassen werde. Der Pastor war vorige Woche nach fast zweijähriger Untersuchungshaft unter Hausarrest gestellt worden, darf aber weiterhin nicht ausreisen. Auch Trumps Vizepräsident Mike Pence, der besonders auf christlich-fundamentalistische Wähler in den USA achtet, kritisierte die Türkei wegen Brunson. Im Kongress in Washington wächst der Ruf nach wirtschaftlichen Strafen.

Erdogan zeigte sich unbeeindruckt. „Mit Sanktionen werdet ihr die Türkei nicht zu Zugeständnissen bewegen können“, sagte er. Der Präsident wies Berichte zurück, die Türkei wolle den US-Pastor als Geisel benutzen. Im vergangenen Jahr hatte Erdogan allerdings angedeutet, dass die Türkei den Geistlichen in die USA reisen lassen würde, wenn Washington im Gegenzug den islamischen Prediger und mutmaßlichen Putschführer Fethullah Gülen an Ankara überstelle. Der Streit um Brunson verschärft bestehende Meinungsverschiedenheiten, etwa wegen der amerikanischen Unterstützung für eine Kurdenmiliz in Syrien. Amerika laufe Gefahr, die Türkei als starken Partner zu verlieren, warnte Erdogan.

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