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Polizisten bei einer Razzia im Juni 2020 in Berlin. Dabei ging es um den Verdacht auf Subventionsbetrug in Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen.

© Paul Zinken/dpa

Subventionsbetrug in Deutschland: Wirtschaftskriminalität nimmt in der Pandemie zu

Der Missbrauch von Coronahilfen führt zu deutlich mehr Subventionsbetrug. Die Linkspartei kritisiert „Einladung“ an Kriminelle.

Während der Corona-Pandemie hat die Wirtschaftskriminalität durch Subentionsbetrug in Deutschland erheblich zugenommen. Laut einem Lagebild des Bundeskriminalamtes (BKA) ist die Zahl der polizeilich erfassten Fälle in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals seit 2017 wieder gestiegen.

Demnach registrierte die Polizei insgesamt 49174 Wirtschaftsdelikte – das ist Zunahme von 21,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Aus Sicht des BKA haben die Pandemie und die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen den Boden für diese Entwicklung bereitet. Kriminelle Akteure hätten sich an die zahlreichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie angepasst „und die neu entstandenen Möglichkeiten zur Tatbegehung genutzt“, heißt es in dem Bericht.

So lasse sich der Anstieg der Gesamtfallzahlen zum größten Teil auf die Entwicklung im Bereich des Subventionsbetrugs zurückführen. Hier schnellten die BKA-Zahlen von 318 im Jahr 2019 auf 7585 Fälle im vergangenen Jahr in die Höhe.

Missbräuchliche Beantragung von Corona-Soforthilfen

Die Ermittler machen dafür vor allem die missbräuchlichen Beantragung von Corona-Soforthilfen verantwortlich. Allein durch Missbrauch dieses Förderinstruments sei ein Schaden von 151,3 Millionen Euro entstanden.

In Berlin sind bisher weit über 10.000 Fälle des Betrugsverdachts im Zusammenhang mit Anträgen auf Corona-Hilfen bekannt. Die Polizei hatte in diesem Zusammenhang bereits im März von einem Schaden in Höhe von bislang 41 Millionen Euro gesprochen.

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Anders als andere Bundesländer hatte der Senat auf eine möglichst schnelle Auszahlung gesetzt und die Kontrolle der Anspruchsberechtigung nachgelagert. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen Antragsteller, die die Hilfe mittlerweile freiwillig zurückgezahlt haben.

Insgesamt beziffert das BKA die durch Wirtschaftskriminalität hervorgerufenen Schäden im vergangenen Jahr auf 3,011 Milliarden Euro. Gemessen an dem in der polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesenen Gesamtschaden durch Straftaten entspreche das einem Anteil von 44,9 Prozent.

Ruf nach Konsequenzen

Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger habe gegenüber dem Vorjahr um 51,7 Prozent zugenommen. Insbesondere bei Leistungsbetrug wie etwa mit Sozialleistungen kämen die Täter meist aus dem europäischen Ausland. Dem Lagebild zufolge bewegt sich die Aufklärungsquote mit 91,5 Prozent auf dem Niveau der vergangenen Jahre.

Aus der Opposition kam der Ruf nach Konsequenzen. „Unsere Befürchtungen haben sich bewahrheitet, dass nicht nur die Auszahlung um Monate verzögert wurde, sondern dass es auch offenbar teils eine Einladung für Betrüger war“, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des Bundestags, Klaus Ernst (Linke), dem Tagesspiegel.

Es hätte von Anfang an einen Abgleich mit Steuernummern der Finanzämter und Auszüge aus dem Handelsregister geben müssen, um die korrekte Mittelvergabe zu prüfen.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Michael Theurer, sagte dem Tagesspiegel, die Bundesregierung hätte die Corona-Hilfen über die Finanzämter abwickeln müssen. „Bei einer Ausgestaltung auf Basis eines ausgeweiteten steuerlichen Verlustrücktrags für kurzfristige Liquidität und Hilfen entsprechend dem Kieler Modell wäre das System weit weniger betrugsanfällig gewesen.“ Die Dunkelziffer sei wahrscheinlich viel höher als in der BKA-Statistik angegeben.

Wirtschaftsministerium weist pauschale Schuld ab

Das Bundeswirtschaftsministerium von Minister Peter Altmaier (CDU) verwahrte sich gegen pauschale Schuldzuweisungen. Die Verwaltung und Auszahlung der Corona-Soforthilfen mit Einmalhilfen für kleine Unternehmen von bis zu maximal 15.000 Euro habe vollständig bei den Ländern gelegen; unter anderem in Berlin gebe es hierzu viele strafrechtliche Ermittlungen.

Nach diesen Erfahrungen habe die Bundesregierung ab Sommer 2020 bei allen Folgeprogrammen neue Maßnahmen gegen Missbrauch eingeführt, wie etwa Kontrolle durch Steuerberater.

Seit April würden alle Anträge mit den der Finanzverwaltung vorliegenden Daten automatisch abgeglichen.

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