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Boris Johnson geht auf Konfrontationskurs zu China.

© Daniel Leal-Olivas/AFP

Streit um Sicherheitsgesetz: Boris Johnson bietet Hongkongern Einbürgerung an

China plant ein Gesetz, das weit in die Autonomie Hongkongs eingreift. Der britische Premier setzt sich jetzt persönlich für die ehemalige Kronkolonie ein.

Im Streit um das geplante Sicherheitsgesetz Chinas für Hongkong hat der britische Premierminister Boris Johnson einem großen Teil der Bevölkerung der chinesischen Sonderverwaltungsregion die Einbürgerung in Großbritannien in Aussicht gestellt. In einem persönlichen Gastbeitrag in der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ vom Mittwoch schrieb Johnson, falls China das Gesetz verabschieden sollte, hätte Großbritannien „keine andere Wahl“, als sein Einwanderungsgesetz weitreichend zu ändern.

China kritisierte die Überlegungen scharf und drohte mit „Gegenmaßnahmen“: Alle Hongkonger seien chinesische Staatsbürger. Der britische Premier argumentierte hingegen, das Sicherheitsgesetz würde die bei der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China garantierten Freiheiten einschränken und die Autonomie aushöhlen.

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„Wenn China damit voranschreitet, wäre es ein direkter Verstoß gegen die Gemeinsame Erklärung, ein rechtlich bindender Vertrag, der bei den Vereinten Nationen registriert ist“, sagte Johnson zu der Vereinbarung für die Rückgabe. Darin heiße es, dass nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ das soziale und wirtschaftliche System in Hongkong unangetastet bleibe – wie auch der Lebensstil und wesentliche Rechte und Freiheiten der sieben Millionen Hongkonger.

Derzeit besitzen nach Johnsons Angaben 350.000 Bewohner der früheren britischen Kolonie einen „British National Overseas“-Pass, der ihnen eine visafreie Einreise nach Großbritannien und einen sechsmonatigen Aufenthalt ermöglicht. 2,5 Millionen weitere der insgesamt rund 7,4 Millionen Hongkonger, die vor der Übergabe der Kronkolonie an China am 1. Juli 1997 geboren wurden, könnten nach den möglichen neuen Regelungen ein solches Dokument beantragen. Auch sollten sie eine Arbeitserlaubnis und erweiterte Einwanderungsrechte bekommen, womit sie auf den Weg zur Staatsbürgerschaft gelangten.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam ist Peking treu ergeben.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam ist Peking treu ergeben.

© Carlos Garcia Rawlins/Reuters

Großbritannien könne „nicht guten Gewissens mit den Achseln zucken und weggehen; stattdessen werden wir unseren Verpflichtungen nachkommen und eine Alternative anbieten“, schrieb Johnson.

Der chinesische Außenamtssprecher Zhao Lijian widersprach Johnson. In der Gemeinsamen Erklärung habe China eine einseitige politische Zusage gemacht, sei aber „keine Verpflichtung“ gegenüber der britischen Seite oder auf internationaler Ebene eingegangen. Großbritannien solle seine „Mentalität des Kalten Krieges und der Kolonialzeit“ ablegen. Auch müsse es anerkennen, dass Hongkong heute eine Sonderverwaltungsregion Chinas sei, und sich nicht mehr einmischen.

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Angesichts der seit vergangenem Sommer anhaltenden Proteste in Hongkong hatte der Volkskongress in Peking am Donnerstag die Pläne für das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit gebilligt und den Ständigen Ausschuss des Parlaments mit dessen Erlass beauftragt. Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv oder separatistisch ansieht. Auch wendet es sich gegen ausländische Einmischung. Die prodemokratischen Kräfte in Hongkong fürchten, dass sie zum Ziel werden.

Doch nicht nur Großbritannien zeigt sich gegenüber Hongkong solidarisch: Erst vergangene Woche machte Tawains Präsidentin Tsai Ing-wen ihre Unterstützung für die Demokratiebewegung in der Finanzmetropole deutlich. 2019 waren mehr als 5000 Hongkonger nach Taiwan gezogen, 41 Prozent mehr als im Vorjahr. Wie Hongkong steht Taiwan im ständigen Konflikt mit China. Peking betrachtet die südlich vom chinesischen Festland gelegene Insel als abtrünnige Provinz und möchte sie – notfalls auch mit militärischer Gewalt – wieder mit dem Festland vereinen. (dpa, AFP)

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