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Wolfgang Kubicki (FDP).

© Patrick Pleul/dpa

Streit um Sami A.: Kubicki wirft Seehofer „unglaubliches Versagen“ vor

Im Streit um den abgeschobenen Tunesier Sami A. erhebt FDP-Vize Kubicki schwere Vorwürfe gegen das Bamf und Innenminister Seehofer. Die Opposition in NRW fordert eine Entschuldigung der Landesregierung.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat Bundesinnenminister Horst Seehofer „unglaubliches Versagen“ im Fall Sami A. vorgeworfen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) - und damit der Innenminister - habe es bis heute versäumt, die vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geforderte Verbalnote herbeizuschaffen, „wonach garantiert wird, dass Sami A. in tunesischen Gefängnissen nicht gefoltert wird“, sagte Kubicki der dpa. Er reagierte damit auf die Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts vom Mittwoch, dass der nach Tunesien abgeschobene Islamist nach Deutschland zurückzuholen sei. „Das Verwaltungsgericht hatte ja darauf hingewiesen, dass, wenn diese Verbalnote vorläge, die Entscheidung pro Ausreisepflicht und deren Vollzug getroffen worden wäre.“

„Die Tatsache, dass das OVG Münster bestätigt hat, dass die Abschiebung rechtswidrig war und Sami A. nach Deutschland zurückgeholt werden muss, ist menschlich ein Tragödie, weil es für viele Beteiligte sinnvoller wäre, er bliebe in Tunesien. Juristisch ist es aber konsequent und nachvollziehbar“, sagte Kubicki. Den gravierenden Fehler des Bamf und des Innenministeriums müssten jetzt die Stadt Bochum und das Land Nordhrein-Westfalen ausbaden. „Aber in einem Rechtsstaat entscheiden in letzter Konsequenz Gerichte und Behörden, und auch alle anderen haben diese Entscheidungen zu befolgen.“ Insofern müsse jetzt alles unternommen werden, um Sami A. nach Deutschland zurückzuholen.

Auf die Frage, ob der Fall der AfD nütze, antwortete Kubicki: „Das kann wieder Wasser auf die Mühlen der AfD sein, aber nur weil die demokratischen Institutionen sich in diesem Fall falsch verhalten haben. Es gibt rechtlich wirklich viele Möglichkeiten zum Ziel zu kommen, nur dass die in diesem Fall nicht ausgeschöpft worden sind.“

Kutschaty fordert Entschuldigung von NRW-Regierung

Der nordrhein-westfälische Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) fordert die Landesregierung zu einer Entschuldigung auf. Landesflüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) habe "ganz bewusst" versucht, die Justiz zu täuschen, kritisierte Kutschaty am Donnerstag im Deutschlandfunk. Dies sei ein "gehöriger Skandal".

Kutschaty rief den FDP-Politiker auf, sich zu entschuldigen. Das gelte auch für Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). In dem Fall Sami A. sei erheblicher politischer Druck ausgeübt worden, um eine Abschiebung des als islamistischer Gefährder eingestuften Tunesiers in sein Heimatland zu erreichen, sagte der SPD-Politiker.

"Man darf auf jeden Fall nicht als Politiker die Gerichte versuchen auszutricksen und versuchen, Einfluss auf die Rechtsprechung zu nehmen", sagte Kutschaty. Wenn ein Minister die Justiz bewusst täusche, "muss er auch die Konsequenzen tragen, sein Handeln überdenken und die Verantwortung übernehmen".

Laschet stellt sich vor Flüchtlingsminister

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor Landesflüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) gestellt. Nach seiner Auffassung habe Stamp "nach Recht und Gesetz" entschieden, sagte Laschet am Donnerstag im Deutschlandfunk.

Stamp habe in einem Moment entschieden, als ihm das entsprechende Gerichtsurteil noch nicht bekannt gewesen sei. Er werde sich dazu erklären, sobald das Urteil analysiert sei, sagte Laschet.

Der zuletzt in Bochum lebende A. war am 13. Juli nach Tunesien abgeschoben worden, obwohl einen Tag zuvor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein Abschiebeverbot verhängt hatte, weil dem Mann in seiner Heimat Folter drohe. Das Gericht ordnete daraufhin an, den Tunesier zurück nach Deutschland zu holen. Dagegen legte die Stadt Bochum Beschwerde ein, die das Oberverwaltungsgericht in Münster am Mittwoch zurückwies. (dpa, AFP)

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