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Für die gelungene Clubnacht dürfen Unterschiede gemacht werden. Etwa beim Alter.

© AFP

Streit um Party-Einlass: Der Türsteher gehört in die Vergangenheit

Bei Tanz-Events soll man Ältere ausschließen dürfen, meint der Bundesgerichtshof. Juristisch mag das okay sein. Aber ist es demokratisch? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Wer Schwierigkeiten verspürt, sich in die Situation Diskriminierter hineinzuversetzen, sollte vielleicht, sobald Corona es zulässt, abends öfter mal raus. Man kann dann in Kontakt mit Türstehern kommen. Falsche Brille, falsches Outfit? Dann leider heute kein Einlass. Ebenso mit dem falschen Geschlecht; Frauen haben oft bessere Karten. Es geht recht gnadenlos ums Äußere: Zu dick, zu hässlich, zu faltig – auch das soll es geben. Türsteher suchen das Publikum aus, um die Party zur Party werden zu lassen. Leute, die sind wie man selbst und die unter sich bleiben wollen. Das moderne Konzept „Vielfalt“ scheitert hier eindrucksvoll.

Das Konzept „Antidiskriminierung“ scheitert hier

Jetzt steht fest: Auch das Konzept „Antidiskriminierung“ scheitert hier. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Klage eines Mittvierzigers zurück, der vergeblich Einlass zur Münchner Elektro-Party „Isarrauschen“ begehrt hatte (Az.: VII ZR 78/20). Dort war man auf Gäste zwischen 20 und 30 aus. Begründet hat er seine Klage mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Gesetz verbietet es, Menschen im täglichen Geschäftsverkehr wegen ihrer „Rasse“ oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung oder der sexuellen Identität zu benachteiligen. Und es nennt als Merkmal ausdrücklich auch das Alter.

Der Club-Eintritt ist kein Massengeschäft

Ein Erfolg des Klägers hätte bedeutet, dass die Jungen Entschädigungen verlangen könnten, wenn man sie an der Tür von Ü-30-Partys abweist – und dass Ältere künftig bei jungen Raves wie dem „Isarrauschen“ mitfeiern dürften. Der BGH bog das ab, indem er hervorhob, dass der Party- oder Club-Eintritt nicht das typische „Massengeschäft“ sei, auf das das AGG abstellt. Dort sind Kinobesuche gemeint, wo man „ohne Ansehen der Person“ Einlass erhält. Hier aber liege die Sache anders, so der BGH. Die Zusammensetzung des Publikums präge den Charakter der Tanzveranstaltung; es könne ein „anerkennenswertes Interesse des Unternehmers bestehen, hierauf Einfluss zu nehmen“.

Befremdlich, dass gerade Jüngere das Rituale über sich ergehen lassen

Juristisch wird man damit klarkommen können. Dass Nazis eine Party „nur für Weiße“ feiern, dürfte mit Blick auf das Diskriminierungsverbot im Grundgesetz weiterhin ausgeschlossen bleiben. Anders als im AGG ist hier übrigens vom „Alter“ bisher nicht die Rede. Doch passt das Konzept „Türsteher“ noch in egalitäre Zeiten, in denen Verschiedenstes möglichst gleichbehandelt werden soll?

Da kann man Zweifel bekommen. Etwa wenn ein Veranstalter öffentliches Gelände mietet. Die „Gesichtskontrolle“, die willkürliche Selektion am Einlass, passt schlecht zu den demokratischen Prinzipien des Grundstückseigentümers. Befremdlich, dass gerade Jüngere solche Rituale immer noch über sich ergehen lassen, wo sie sonst oft sehr feinfühlig auf Diskriminierung reagieren. Möglicherweise liegt es daran, dass sie jung sind und deshalb bevorzugt werden. Wer privilegiert ist, ist bekanntlich blind für sein Privileg.

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