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Bodo Ramelow ist seit Dezember 2014 Ministerpräsident - und will das auch bleiben.

© Britta Pedersen/dpa

Streit um Ministerpräsidentenamt in Thüringen: Ramelow zeigt sich nach AfD-Vorstoß gelassen

Die AfD will in Thüringen einen eigenen Ministerpräsidenten-Kandidaten ins Rennen schicken. Regierungschef Ramelow stört das gar nicht.

Von Matthias Meisner

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigt sich nach der Ankündigung der AfD, einen Gegenkandidaten zu nominieren, gelassen. „Ich nehme es zu Kenntnis, wie alle anderen Debatten dazu auch, aber ich bleibe bei unserem eingeschlagenen Weg“ sagte Ramelow dem Tagesspiegel. „Die Verfassung ist eindeutig und jede Fraktion hat gleiche Rechte. Wir nutzen unser Recht und stellen für Rot-Rot-Grün einen Kandidaten auf. Ich bin gerne bereit, dafür zu kandidieren.“

Ramelow reagierte damit auf die Ankündigung von AfD-Fraktionschef Björn Höcke vom Mittwoch. Dieser hatte erklärt: „Wir brauchen einen Gegenkandidaten zu Bodo Ramelow." Man sei auf der Suche nach einem Bewerber, der eine "bürgerliche Mehrheit“ hinter sich versammeln könne. Dies müsse auch keine Person aus der AfD sein.

Auf Nachfrage eines Journalisten sagte Höcke, er wolle nicht ausschließen, dass der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen ein geeigneter Kandidat für die AfD in Thüringen wäre. Maaßen erklärte dazu: „Als CDU-Mitglied unterstütze ich die Bemühungen, einen CDU-Ministerpräsidenten in Thüringen durchzusetzen. Für den Wahlvorschlag einer anderen Partei stehe ich aber nicht zur Verfügung.“

Ramelow sieht sich gut vorbereitet für eine Kandidatur: „Koalitionsvertrag ist verhandelt, Ressorts geklärt“, sagte er. Der Antrag auf die Ministerpräsidentenwahl werde zügig gestellt - im Gespräch dafür ist ein Termin in der ersten Februarwoche.

„Wir waren fünf Jahre eine verlässliche Landesregierung und sind auch jetzt wieder erkennbar zum Wohl des Landes bereit, Verantwortung zu übernehmen“ bilanzierte der seit 2014 amtierende Linken-Politiker die Arbeit der rot-rot-grünen Regierung. Rot-Rot-Grün hatte bei der Landtagswahl Ende Oktober die Regierungsmehrheit verloren.

Debatte um die Auslegung der Verfassung

Laut thüringischer Verfassung, Artikel 70, genügt bei der Ministerpräsidentenwahl im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit - eine allerdings umstrittene Regelung. Derzeit wird in Thüringen darüber diskutiert, wie die Verfassung auszulegen ist, wenn Ramelow als einziger angetretener Kandidat im dritten Wahlgang möglicherweise mehr Nein- als Ja-Stimmen bekommt. Bei zwei oder mehr Kandidaten wäre die Sache eindeutig: Gewählt ist dann, wer die meisten Ja-Stimmen bekommt. Sollte die AfD also tatsächlich einen Ministerpräsidentenkandidaten nominieren, so bringt das nach Einschätzung von Beobachtern in Erfurt Ramelow sicher ins Amt. Es hätte zudem den Nebeneffekt, dass sich CDU und FDP bekennen müssen, was ihr Verhältnis zur AfD angeht.

Thüringens CDU hatte wegen des Streits um die Auslegung der Verfassung vorgeschlagen, die Wahl zu verschieben, um Rechtssicherheit zu schaffen. Das will die Linkspartei aber nicht mitmachen. Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow sagte der „taz“: „Wir werden die Wahl nicht verschieben. Wenn die CDU stabile Verhältnisse will, dann muss sie sich im dritten Wahlgang enthalten.“

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Thüringens Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff warf der von Mike Mohring geführten CDU-Landtagsfraktion auf Twitter vor, sie wolle keine „Rechtsklarheit“, sondern „die Wahl von Ramelow durch Aneignung von verfassungsrechtlicher Interpretationshoheit des Landtags verhindern.“ Er begründete das damit, dass die Landtagsverwaltung 2009 im Streit um die Wahl der CDU-Politikerin Christine Lieberknecht festgestellt habe, dass ein Minderheitsministerpräsident Verfassungsrecht sei. Fünf Jahre später, als es um die Bewerbung von Ramelow für das Amt ging, habe sie in einem „Auftragsgutachten“ die gegenteilige Auffassung vertreten.

Gauck: CDU sollte Regierungsfähigkeit nicht behindern

Altbundespräsident Joachim Gauck rief derweil die etablierten Parteien in Thüringen auf, sich baldmöglichst auf eine neue Regierung zu verständigen. Eine Mehrheit der Thüringer wäre frustriert, wenn ein halbes Jahr nach der Wahl keine Regierung gebildet werden könnte, sagte Gauck dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Handlungsunfähigkeit würde dann den allgemeinen Verdruss gegenüber der Politik, den Politikern und der Demokratie stärken“, sagte der frühere Bundespräsident und ergänzte: „Deswegen sollte die CDU Regierungsfähigkeit nicht behindern.“
Gauck hatte sich vor wenigen Wochen mit Ramelow und CDU-Landeschef Mohring getroffen, um über die Situation zu sprechen. Er denke, es gebe Möglichkeiten trotz der grundsätzlichen Ablehnung einer Koalition mit der Linkspartei aufseiten der CDU, sagte er: „Politik muss auch in schwierigen und hochkomplexen Situationen handlungsfähig werden, sonst wird sie ein Treiber für Frust und für die Sehnsucht nach einem 'starken Mann'.“

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