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Besuchte noch im Januar gestrandete Flüchtlinge auf der "Sea-Watch 3" - nun wurde er als Rassist diffamiert: SPD-Abgeordneter Helge Lindh.

© Britta Peddersen/dpa

Streit um das Migrationspaket: Wenn ein Flüchtlingshelfer für Abschiebungen stimmt

Zwischen Heiligkeit und Scheinheiligkeit ist ein schmaler Grat - das sagte Helge Lindh (SPD) seinen Kritikern im Bundestag. Mit Flüchtlingen hat er Erfahrung.

Von Hans Monath

In einer sehr emotionaler Debatte im Bundestag lieferte Helge Lindh am Freitag vor Pfingsten einen besonderen Beitrag. "Wenn es nach einigen in diesem Hohen Hause und außerhalb geht, dann steht vor Ihnen jetzt ein Unmensch, ein Verräter der Menschenwürde, ein Rassist oder, wie wir es eben gehört haben, ein Annäherer an die AfD und ein Anbiederer an den Rassismus", so begann der SPD-Abgeordnete seine Rede zum umstrittenen Migrationspaket. Der 42-Jährige sprach über Vorwürfe und Schmähungen, mit denen Linke, Grüne und auch SPD-Arbeitsgemeinschaften sozialdemokratische Parlamentarier attackiert hatten, die nicht nur für eine bessere Integration geduldeter Flüchtlinge, sondern auch für die Verschärfung von Abschiebungen von Flüchtlingen stimmen wollten, die ausreisepflichtig sind.

Der persönliche Appell überraschte manchen im Plenum. Lindh begrüßte es ausdrücklich ("das kennzeichnet und würdigt unsere Demokratie"), dass sich so viele Aktivisten in Deutschland für Menschenrechte und -würde von Flüchtlingen einsetzten. Es sei auch verständlich, dass dabei Gefühle im Spiel seien, sagte er. Aber wenn eine Situation "der reinen Emotionalität" erreicht sei, in der Sachlichkeit und Fairness nicht mehr möglich seien, "dann stirbt auch jede Form der Ehrlichkeit und Differenziertheit in der Auseinandersetzung", warnte er. Die aber seien in Fragen von Migration und Asyl dringend nötig. Sogar die Abgeordneten der Grünen und der Linken schienen für einen Moment die Luft anzuhalten.

Der direkt gewählte Abgeordnete aus Wuppertal nämlich lässt sich schwer als Flüchtlingsgegner denunzieren. Schon 2014 hatte der Sohn eines Finnen und einer Deutschen die Flüchtlingsinitiative "In unserer Mitte" gegründet, war später Vorsitzender des Integrationsrats seiner Heimatstadt. Im Januar hatte er im Mittelmeer das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" besucht und sich bemüht, dort festsitzenden Flüchtlingen zu helfen. Morddrohungen und Hassschreiben erhielt er, es sei ein „Kopfgeld“ auf ihn ausgesetzt, wurde ihm gedroht.

Dass Humanität und die Durchsetzung von Regeln zusammengehören, wenn Akzeptanz für Flüchtlinge erhalten werden soll, davon ist der SPD-Mann überzeugt. In seinem Wahlkreise hört er immer wieder die Frage: "Wann sorgt ihr für Ordnung in der Migrationspolitik?" Es sei gut, Würde zu betonen, meinte Lindh im Bundestag in Richtung der Kritiker. Aber es gebe auch "einen sehr schmalen Grad zwischen Heiligkeit und Scheinheiligkeit" – und der sei nun überschritten.

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