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Die zwischen 15.000 und 16.000 Corona-Schnelltestzentren haben die Bewegungsfreiheit in der Pandemie erleichtert. Einige haben möglicherweise aber auch bei den Abrechnungen betrogen.

© Swen Pförtner/dpa

Streit um Betrug in Corona-Testzentren: „Die übergroße Mehrheit arbeitet ohne Beanstandungen“

Die CDU-Gesundheitspolitikerin Maag verteidigt das System der Testzentren: Man habe Bürokratie vermeiden wollen – dann könne es aber Sicherheitslücken geben.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag hat das System der Corona-Bürgertests verteidigt und sich gegen Vorwürfe auch der Koalitionspartnerin SPD gewandt. "Es nutzt da wenig, einen Schwarzen Peter weiterzuschieben", sagte Karin Maag mit Blick auf Betrugsvorwürfe gegen die Testzentren dem Tagesspiegel.

"Als wir die Bürgertests vereinbart haben, war es uns wichtig – und da nehme ich mich nicht aus – dass das System möglichst schnell ausgerollt und dass es funktionieren würde, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger in Vorleistung gehen und sich das Geld von den Krankenkassen zurückholen müssen."

Gegen kriminelle Energien, die es immer gebe, müsse man selbstverständlich vorgehen. "Es hat aber wenig Sinn, jetzt zu sagen, das war alles falsch." Rechtssicherheit gebe es zwar, wenn man auf Vorleistung - die Getesteten zahlen den Preis des Tests zunächst - und folgende Kostenerstattung durch die Kasse gehe: "Aber dann wird mit Recht massive Kritik am Dokumentationsaufwand und der Bürokratie kommen."

"Herr Schneider hat wenig Ahnung"

Die Kritik des SPD-Haushaltsfachmanns Carsten Schneider an Gesundheitsminister Jens Spahn wies Maag zurück: „Herr Schneider hat vom Thema wenig Ahnung, dreht aber desto mehr die Lautstärke hoch", sagte sie zu den Vorwürfen Schneiders.

Der hatte dem Gesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) "Managementversagen" vorgeworfen, "das inakzeptable Ausmaße angenommen" habe. "Wann immer sich die Gesundheitspolitiker aus gutem Grund mit Schuldzuweisungen zurückhalten, erklärt Schneider uns die Welt", kommentierte Maag.

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Sie begrüße den Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern vom Montag, der engere Aufsicht der Gesundheitsämter und die Einschaltung der Finanzämter vorsieht. Zum Streit darüber, wer dafür zuständig sei, sagte Maag, es gebe "eine klare Vereinbarung: Die Länder sind für den Betrieb der Testzentren verantwortlich".

Es gehe auch nicht darum, ein Kontrollsystem neu zu erfinden. Schon jetzt kontrollierten einige Länder ihre Testzentren völlig selbständig und hätten etliche nach solchen Kontrollen auch schon geschlossen - "ganz unabhängig von der Farbe der jeweiligen Regierung". Auch wenn es jetzt erste Ermittlungsverfahren gebe: "Die übergroße Mehrheit der 16.000 Zentren arbeitet ohne Beanstandungen.“

Am Montag hatten die Gesundheitsminister:innen von Bund und Ländern eine Verschärfung der Kontrollen beschlossen. Unter anderem sollen Abrechnungsdaten zusätzlich abgeglichen werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen in Zukunft Sachkosten für gekaufte Tests mit den abgerechneten Tests vergleichen, die Finanzämter die Zahl der abgerechneten Tests mit den Umsätzen, die die Betreiber angeben. Minister Spahn hatte außerdem bereits angekündigt, dass die Vergütung für die Tests gesenkt werden soll.

Erste Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Mit Städten und Gemeinden will der Bund besprechen, wie die Gesundheitsämter weiter kontrollierend eingreifen könnten – möglicherweise, indem die Testzentren künftig eine Bestätigung des Gesundheitsamtes benötigen, dass sie ordnungsgemäß testen. Eine Online-Registrierung reiche nicht. Die Kassenärzte und die kommunalen Spitzenverbände hatten allerdings bereits vor dem Treffen der Gesundheitsminister betont, weitere Kontrollen seien nicht ihre Aufgabe.

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass in Einzelfällen viel mehr Tests abgerechnet wurden, als tatsächlich stattfanden. Bekannt wurden Verdachtsfälle in Bayern und Nordrhein-Westfalen, in ersten Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die Kassenärzte weisen eine Mitverantwortung zurück. „Mehr als zu prüfen, ob die Rechnungen formal korrekt sind, können wir nicht tun“, sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, der „FAZ“. Die Vereinigungen reichten die Rechnungen lediglich an das Bundesamt für Soziale Sicherung durch, das sie dann begleiche. (mit dpa)

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