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Annalena Baerbock spricht Klartext in Richtung Russland.

© Annegret Hilse/REUTERS

Streit um Nord Stream 2: Die erfrischende Klarheit der Annalena Baerbock

Deutschland darf sich nicht erpressen lassen. Dafür müssen die Grünen sorgen, denn in der SPD gibt es mächtige Unterstützer der Gas-Pipeline. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock verdient Dank für ihre erfrischende Klarheit: Es darf keine Betriebserlaubnis für die Gaspipeline Nord Stream 2 geben, solange der kremlnahe russische Konzern Gazprom die bekannten Bedingungen nicht erfüllt.

Nach der EU-Gas-Richtlinie darf ein Konzern nicht beides zugleich sein: Lieferant des Gases und Betreiber der Pipeline. Dieses „Unbundling“ soll verhindern, dass die EU oder ein einzelnes Land sich durch zu hohe Abhängigkeit erpressbar macht.

Und, macht Gazprom Anstalten, die Bedingung zu erfüllen? Nein. Um die Betriebserlaubnis ohne „Unbundling“ zu erreichen, versuchen der Kreml und der Konzern genau das, was verhindert werden soll: Erpressung.

Wladimir Putin macht den Deutschen Angst vor einem kalten, teuren Winter. Die hohen Gaspreise sind nicht allein, aber auch Folge einer künstlichen Verknappung der Ware Gas durch Russland. Wenn in früheren Jahren der Winter nahte, waren die deutschen Gasspeicher voll. Diesmal nicht. Könnte es daran liegen, dass Gazprom kürzlich die Kontrolle der größten Gasspeicher übernommen hat?

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Als Monopolist braucht Putin gar nicht offen zu drohen

Putin und Gazprom brauchen gar nicht offen zu drohen. Die steigenden Gaspreise und die unausgesprochene Angst, dass ein Quasimonopolist, der am Hahn sitzt, den auch abdrehen könnte, entfalten ihre Wirkung.

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Die Putin-Versteher beruhigen: Bisher hat Russland seine Lieferverpflichtungen noch immer erfüllt. Das stimmt. Aber bisher waren die deutschen Gasspeicher gefüllt. Und bisher hat Putin nicht so penetrant Zweifel gesäht, ob die vorhandenen Pipelines durch die Ukraine und Polen, die zuverlässig die nötigen Mengen transportiert haben, den Bedarf decken.

Weitere Texte zur Ampel lesen Sie hier:

Solange eine schwarz oder grün geführte Bundesregierung als wahrscheinlich galt, hatte Putin schlechte Karten. Bei den Grünen und in der Union forderten starke Kräfte: keine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ohne Absicherung; wir lassen uns von Putin nicht erpressen. Denn die Erfahrung mit Erpressern zeige: Wenn man einmal nachgibt, hört es nicht auf; der Erpresser will mehr und mehr.

Doch nun wird Olaf Scholz Kanzler, und aus der SPD kamen stets die Hauptunterstützer und Hauptprofiteure der Pipeline, von Gerhard Schröder, der im Gazprom-Aufsichtsrat sitzt, bis zu Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Pipeline Deutschland erreicht.

In der Ampelkoalition werden die Grünen nun mit der SPD darum ringen müssen, dass Deutschland nicht erpressbar wird. Annalena Baerbock ist dazu bereit. Und zu ihrem Glück gibt es auch noch die EU. Die hat ein Kontrollrecht, ob Deutschland die Vorgaben einhält – falls die Koalition in Berlin da noch schwach werden sollte.

[Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version lautete der Teaser unter der Überschrift „Deutschland darf sich nicht erpressen lassen. Dafür müssen die Grünen sorgen, denn die SPD hat zu viele Putin-Versteher.“ Das haben wir nach Kritik an dieser Formulierung aus der Online-Community geändert.]

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