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Zankapfel der Politik: Der Weiterbetrieb des s Atomkraftwerks Isar 2.

© Armin Weigel/dpa

Streit um AKW-Streckbetrieb: CSU will Atomausstieg erst 2027 – Grüne uneinig über Weiterbetrieb von Isar 2

Bayern hat lange beim Ökoenergie-Ausbau gebremst und ist nun in einer Notlage: Die CSU will den Atomausstieg verzögern. Bei den Grünen wächst der Widerstand.

In der Debatte um längere Atomlaufzeiten bringt die CSU einen Atomausstieg erst im Jahr 2027 und ein Wiederanfahren bereits abgeschalteter Atomkraftwerke ins Spiel. „Wir werden uns noch lange Zeit Putins brutalem Versuch, den Westen durch Energieterror zu destabilisieren, ausgesetzt sehen.

In dieser Lage sind Laufzeitverlängerungen für die Kernkraft von mindestens weiteren fünf Jahren denkbar“, sagte CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, der „Welt am Sonntag“. Stillgelegte Kraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, sei mit höherem Aufwand verbunden. „Aber möglich ist es“, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder der „Süddeutschen Zeitung“.

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Auch Joachim Bühler, Geschäftsführer des Verbands der TÜV, sieht es als technisch machbar an, neben den drei noch laufenden Kernkraftwerken Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland auch die Ende 2021 stillgelegten Anlagen Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C wieder anzufahren und so sechs Anlagen über 2022 hinaus wegen der Probleme durch die gedrosselten Gaslieferungen aus Russland weiterlaufen zu lassen, wie er jüngst dem Tagesspiegel sagte.

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Weichen die Grünen wegen Bayern den Atomausstieg auf?

Besonders die Grünen stehen vor einer Zerreißprobe, der Koalitionspartner FDP verbünde sich in der Frage mit der Union, was als Affront empfunden wird. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ mit Blick auf Isar 2: „Wenn der Stresstest ergibt, dass Bayern tatsächlich ein ernsthaftes Strom- bzw. Netzproblem haben könnte, dann werden wir diese Situation und die dann bestehenden Optionen bewerten.“ Allerdings formiert sich dagegen zunehmender Widerstand bei den Grünen.

Will 2023 wiedergewählt werden und hat ein akutes Energieproblem: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Will 2023 wiedergewählt werden und hat ein akutes Energieproblem: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

© Peter Kneffel/dpa

Der linke Flügel zieht rote Linie ein: Auch Streckbetrieb ist Laufzeitverlängerung

Der frühere Umweltminister Jürgen Trittin warnte im Tagesspiegel seine Partei eindringlich davor, das Atomgesetz dafür anzufassen, weil FDP und Union dann versuchen würden, eine möglichst lange Laufzeitverlängerung durchzusetzen.

Zudem warnt er die Parteispitze und die Grünen-Minister, nur wegen der bayerischen Probleme wegen des Kraftwerks Isar 2 einen sogenannten Streckbetrieb mit einer nur um einige Monate verlängerten Laufzeit zuzulassen. „Auch ein Streckbetrieb ist eine Laufzeitverlängerung. Dafür müssen wir das Atomgesetz ändern.“

Sollte es so weit kommen, hält Trittin einen Parteitag, der darüber entscheidend, für zwingend notwendig. Bayern solle stattdessen mehr Strom sparen. Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte es „offenkundig“, worum es Söder, CDU-Chef Friedrich Merz und Politikern der FDP eigentlich gehe: „Die Rücknahme des Atomausstiegs.“ Atomkraft sei eine „gefährliche und teure Hochrisikotechnologie“. Man müsse vielmehr auf Energieeinsparung, Effizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien setzen.

In der Klemme: Eine Lex Bayern würde ein Aufschnüren des Atomausstiegs bedeuten. Umweltministerin Steffi Lemke und Energieminister Robert Habeck (beide Grüne).
In der Klemme: Eine Lex Bayern würde ein Aufschnüren des Atomausstiegs bedeuten. Umweltministerin Steffi Lemke und Energieminister Robert Habeck (beide Grüne).

© Kay Nietfeld/dpa

Ein AKW-Betreiber sieht große Hürden für längere Laufzeiten

Auch der Chef der Chef des Energiekonzerns EnBW, Frank Mastiaux, hat sich skeptisch geäußert, da es viele Hürden gäbe und die eigentliche alle zehn Jahre stattfindende Periodische Sicherheitsüberprüfung nötig wäre. Diese hätte 2019 wieder stattfinden müssen, wurde aber wegen des Atomausstiegs bis 2022 nicht gemacht. EnBW betreibt das Kernkraftwerk Neckarwestheim 2.

Streckbetrieb bedeutet: Nur 60 Prozent der normalen Leistung, also weniger Strom

Laut der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit ist ein sogenannter Streckbetrieb mit dem Nutzen noch nicht abgebrannter Brennelemente in den laufenden deutschen Kernkraftwerken für mindestens 80 Tage möglich. „Da ein Reaktorblock im Streckbetrieb täglich etwa 0,5 Prozent seiner Leistung einbüßt, wäre er nach diesem Zeitraum noch bei ca. 60 Prozent seiner ausgelegten Leistung“, teilte die GRS auf Tagesspiegel-Anfrage mit.

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Brennelemente-Beschaffung dauert neun bis zwölf Monate

Im Falle einer weitergehenden Laufzeitverlängerung könnten Brennelemente zum Beispiel bei den Anbietern Westinghouse oder Framatome bestellt werden. „Für die Fertigung werden nach Angaben der Hersteller mindestens 9 bis 12 Monate benötigt.“

Bei der Herstellung sei weniger das Beschaffen von Uran das Problem, sondern vielmehr die Herstellung der Konstruktionsmaterialien, wie der Hüllrohre und der Abstandshalter. Die Ergebnisse des von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeordneten Stresstests sollen im August vorliegen.

Hochumstritten und derzeit nicht möglich: Erdgas-Fracking in Deutschland.
Hochumstritten und derzeit nicht möglich: Erdgas-Fracking in Deutschland.

© Foto: dpa/Ingo Wagner

Söder fordert Fracking im Norden

Nachdem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nun auch noch ein Erdgas-Fracking im Norden ins Spiel gebracht hatte, da es vor allem hier entsprechende Vorkommen in Deutschland gibt, sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD): „Geht's noch? Lieber Markus Söder, wie wär's endlich mit Windkraft in Bayern.“

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Der Freistaat hatte jahrelang sich gegen den Bau großer Windtrassen zum Transport von Meeres-Windstrom in den Süden gestemmt und kam auch beim Ausbau der Windkraft an Land aus Sorge vor einer Beeinträchtigung der Landschaft kaum voran.

Da sich nun vor allem in Bayern Engpässe aufzeigen und auch Österreich nicht mehr so stark wie bisher über seine Gas-Speicher Bayern versorgen könnte, pocht vor allem die CSU immer vehementer auf eine Laufzeitverlängerung. Allerdings hat sich die Landesregierung aus CSU und Freien Wählern, obwohl Bayern das Endlagergesetzt für eine ergebnisoffene Suche mit beschlossen hatte, strikt gegen ein Endlager für Atommüll in Bayern ausgesprochen.

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