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Kein sicheres Aufnahmeland. Die Innenministerkonferenz streitet um Abschiebungen von Schwerkriminellen und Gefährdern nach Syrien. Die Union ist dafür, die SPD dagegen

© Aaref Watad/AFP

Streit um Abschiebestopp nach Syrien: Union will SPD-Politiker gegeneinander ausspielen

Die Innenministerkonferenz kann sich nicht über Abschiebungen nach Syrien einigen. Die Union will nun SPD-Außenminister Maas einbinden. Die SPD ist verärgert

Von Frank Jansen

Der Streit ist offenbar nicht zu schlichten. Die Innenministerkonferenz (IMK) scheint sich auch bei ihrer Tagung im badischen Rust nicht auf eine Linie bei Abschiebungen von schwerkriminellen Straftätern und Gefährdern nach Syrien einigen zu können. Was die Union fordere, „ist mit uns nicht zu machen“, hieß es am Donnerstag aus SPD-Kreisen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und die Länderminister von CDU und CSU wollen offenbar den Widerstand der SPD-Kollegen gegen Abschiebungen in das Bürgerkriegsland aushebeln, indem das vom Sozialdemokraten Heiko Maas geführte Bundesaußenministerium als Akteur einbezogen wird.

Im Tagesordnungspunkt 37 wird als Beschluss vorgeschlagen, die IMK fordere das Auswärtige Amt auf, in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium „ein Konzept für die Rückführung von ausreisepflichtigen Intensivstraftätern und Gefährdern aus der Arabischen Republik Syrien zu erarbeiten, das unter anderem - solange beziehungsweise soweit Rückführungen nach Syrien (noch) nicht realisierbar sein sollten - auch Rückführungsoptionen in Drittstaaten aufzeigt“.

"Das unterschreiben wir auf keinen Fall"

Der Vorschlag zielt offenbar darauf ab, dass sich SPD-Mann Maas an den Innenministern der SPD vorbei um das strittige Thema kümmert. „Das unterschreiben wir auf keinen Fall“, war in SPD-Kreisen zu hören. Somit dürfte der Streit auch das Ende des Frühjahrstreffens der IMK an diesem Freitag überdauern und wieder Thema bei der Herbsttagung werden.

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Die SPD hält Abschiebungen nach Syrien für unmöglich. Als Grund werden die vielen Menschenrechtsverletzungen des Assad-Regimes wie auch der islamistischen Rebellen im Land genannt. Die dramatische Lage in Syrien hat das Auswärtige Amt mehrmals in Lagebildern geschildert. Außerdem unterhält die Bundesrepublik keine diplomatischen Beziehungen mehr zu Syrien. Sie wurden 2012, nach Beginn des Bürgerkrieges, von Deutschland abgebrochen. So bleibt unklar, wer für die Bundesrepublik der Ansprechpartner für die Entgegenahme abzuschiebender Syrer sein sollte.
Beim IMK-Treffen im Dezember 2020 hatten die Ressortchefs der Union, unterstützt von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), das Ende des bis dahin geltenden Abschiebestopps durchgesetzt. Er fiel weg, da sich die IMK nicht einigen konnte. Beschlüsse des Gremiums müssen einstimmig getroffen werden. Die Minister von CDU und CSU wollte jedoch den Abschiebestopp nicht verlängern, damit war sein Ende besiegelt. Passiert ist seitdem allerdings offenbar nichts. Bislang ist nicht bekannt, dass ein Bundesland einen Straftäter oder Gefährder nach Syrien direkt oder über ein Drittland zurückgeschickt hätte.

Wertet die Polizei viele antisemitische Delikte falsch?

Bei einem weiteren strittigen Thema zeichnete sich am Donnerstag zunächst auch keine Einigung ab. Nach dem Willen der Unionsminister soll die Erfassung antisemitischer Straftaten durch die Polizei präziser werden. CDU und CSU, aber auch zivilgesellschaftliche Vereine wie die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS)“ monieren, die Polizei ordne viele judenfeindliche Delikte der rechts motivierten Kriminalität zu, ohne ausreichende Belege zu haben. Die Minister der Union fordern, dass die Polizei antisemitische Delikte als „nicht zuzuordnen“ wertet, wenn keine „Tatsachen“ zu rechten oder anderen politisch motivierten Tätern vorliegen. Die SPD verweist jedoch darauf, dass die Polizei schon lange antisemitische Taten ohne klares Motiv in einer Kategorie „Sonstige“ eintragen kann.

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