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Die Flüchtlinge Teweldemedhin Zerezgki, Abrehale Okubay und Biniam Gebremedhen (v.l.) in der Metallwerkstatt der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in Augsburg.

© epd

Streit über "Spurwechsel": Industrie und Gewerkschaften wollen Abschiebestopp für berufstätige Flüchtlinge

Wirtschaftsvertreter und Gewerkschafter fordern, dass auch abgelehnte Asylbewerber in Deutschland bleiben dürfen - unter einer Bedingung.

Sollen berufstätige Flüchtlinge in Deutschland bleiben dürfen, auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt worden ist? Politiker von der CDU bis zur Linken sind dafür. Sie wünschen sich, dass das von der großen Koalition geplante Einwanderungsgesetz eine Regelung für den „Spurwechsel“ beinhaltet – ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber, wenn sie einen Job in einem deutschen Unternehmen haben. Nur die CSU ist grundsätzlich dagegen. Der „Spurwechsel“ würde Deutschland „attraktiver für illegale Zuwanderung“ machen, befürchtet etwa der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

3+2: der "kleine Spurwechsel"

Eine Art „kleinen Spurwechsel“ gibt es allerdings schon jetzt in Deutschland – speziell für Flüchtlinge im Ausbildungsverhältnis. Die sogenannte 3+2-Regelung schützt Asylbewerber mit einem Ausbildungsplatz vor der Abschiebung – für die gesamte Dauer der Ausbildung plus zwei Jahre. Vor allem in Bayern werden dennoch immer wieder Flüchtlinge vom Arbeitsplatz weg abgeschoben. Wirtschaftsvertreter kritisieren das. Sie fordern eine bundeseinheitliche Anwendung der 3+2-Regelung. „Gerade in Bayern kämpfen die Unternehmen mit den bestehenden Regeln“, sagt Constantin Bräunig, Sprecher des Netzwerks „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“. Auf der Suche nach Fachkräften setzten viele bayerische Arbeitgeber auf Flüchtlinge. „Obwohl ihnen das die strenge Abschiebepraxis der bayerischen Landesregierung nicht leicht macht.“

Anders sehe es in Berlin aus, sagt Jürgen Wittke, Hauptgeschäftführer der Handwerkskammer Berlin. In der Hauptstadt werde die 3+2-Regelung grundsätzlich angewendet „Das sollte in allen Bundesländern so gehandhabt werden“, fordert Wittke. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass integrationswillige und -fähige Menschen kein Bleiberecht erhalten sollen. Das motiviert weder die Betriebe noch die Betroffenen.“

DGB: Abschiebungen schaden der Wirtschaft

Ähnlich sieht es Annelie Buntenbach, Mitglied im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftbundes (DGB). Sie fordert einen konsequenten Abschiebestopp für Azubis und alle Flüchtlinge, die ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. „Es ist nicht akzeptabel, dass junge geflüchtete Menschen – wie in Bayern – aus einer beruflichen Ausbildung herausgeholt und abgeschoben werden“, sagt sie. „Solche Maßnahmen sind menschenunwürdig und schaden auch der Wirtschaft.“ Der Bundesagentur für Arbeit zufolge waren im Juni bundesweit mehr als 800.000 Stellen frei. Es fehlten in diesem Zeitraum rund 200.000 Azubis.

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