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Schuhe in den Farben Italiens auf einer Messe in Berlin

© dpa/Britta Pedersen

Update

Streit mit der EU: Italien verweigert Änderungen am umstrittenen Haushalt

Die Populisten-Regierung in Italien lässt den Haushaltsstreit mit der EU weiter eskalieren. Innenminister Salvini macht sich über mögliche Sanktionen lustig.

Italien weigert sich im Haushaltsstreit trotz Protesten der EU und großer Nervosität an den Finanzmärkten von seinen Schuldenplänen abzuweichen. Die Haushaltsziele für das kommende Jahr änderten sich nicht, erklärte der Vize-Premierminister Luigi Di Maio am Dienstagabend. „Es ist unsere Überzeugung, dass dieser Haushalt das ist, was das Land braucht, um wieder auf die Beine zu kommen.“ Die Regierung wolle mit dem Verkauf von staatlichen Immobilien die Staatskasse aufbessern.

Ob das die Kommission überzeugt, ist fraglich. Sie hatte den Budgetentwurf aus Rom in einem historisch einmaligen Schritt vor drei Wochen abgelehnt und bis Dienstag eine Überarbeitung gefordert. Um Mitternacht lief die Frist für eine Antwort aus Rom aus. Finanzminister Giovanni Tria habe fristgerecht die überarbeitete Version des Haushalts mit Begleitbrief an die Kommission geschickt, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am frühen Mittwochmorgen. Die Finanzmärkte reagieren seit Wochen nervös auf die Unsicherheit in Italien und schüren Ängste vor einer handfesten Krise.

Salvini: Fehlen nur noch die UN-Blauhelme

Der italienische Innenminister Matteo Salvini zeigt sich im Haushaltsstreit mit der EU von möglichen Strafmaßnahmen unbeeindruckt. „Uns fehlen nur noch die Inspektoren, die Blauhelme der Vereinten Nationen und die Sanktionen gegen Italien“, sagte der Vizepremierminister und Chef der rechtspopulistischen Lega am Mittwoch dem Radiosender Rai Radio 1. „Lasst uns keine Witze machen. Wir haben festgestellt, dass (...) die haushaltspolitischen Maßnahmen der vergangenen fünf Jahre (der Regierungen) Monti, Letta, Renzi, Gentiloni, die, die von Brüssel beklatscht wurden, Italien nicht gut getan haben.“

Die aktuelle Regierung habe deshalb entschieden, genau das Gegenteil zu tun, so Salvini. „Wenn sie versuchen, auch nur daran zu denken, Sanktionen gegen das italienische Volk zu verhängen, haben sie sich geirrt.“

Italien steuert nun auf ein Defizitverfahren zu, das die Kommission bald einleiten könnte. Dabei könnten die EU-Partner Italien mehr Haushaltsdisziplin verordnen. Verstößt Rom auch gegen diese Vorgaben, dürften die Finanzminister theoretisch finanzielle Sanktionen verhängen. Das wäre allerdings vor allem Wasser auf die Mühlen der Europa-Skeptiker in der Regierung, die gerne ein Brüsseler Spardiktat für die lahmende Wirtschaft in Italien verantwortlich machen.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hält es jedoch nur für eine Frage der Zeit, bis die Regierung in Rom in der Schuldenfrage einlenkt. „Die Realitäten, die Fakten werden auch Rom sehr schnell einholen“, sagte Weber am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Der populistischen Regierung werde es ähnlich ergehen wie dem griechischen Premier Alexis Tsipras, der in der Schuldenkrise auch zunächst Front gegen Brüssel gemacht und dann eingelenkt habe.

Weber äußerte aber auch Verständnis für die Lage Italiens. Dort herrsche eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, weswegen es viele junge Menschen ohne Perspektive gebe. „Dann verstehe ich den Frust.“ Und er verstehe, dass manche Italiener Populisten wählten. Dennoch könne die Regierung in Rom nicht machen, was sie wolle. „Italien kann jetzt nicht Haushalte vorlegen, die dann die ganze Eurozone in Risiko bringen.“

Hohe Schulden machen Sorgen

Die Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega peilt im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Man wolle dafür einstehen, dass dieser Wert eingehalten wird, sagte Di Maio. Der Verkauf staatlicher Immobilien werde sich positiv auf die Schuldenlast auswirken - vereitelt werden sollten aber keine „Familien-Schmuckstücke“, sondern nur zweitrangige Besitztümer, wie der Chef der Sterne-Bewegung betonte.

Da die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone schon jetzt haushoch verschuldet ist, stemmt sich die EU gegen die Pläne. Sie sieht in dem Entwurf einen beispiellosen Verstoß gegen die Euro-Stabilitätsregeln. Diese verpflichten Italien, wegen seiner hohen Schuldenquote seine Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen.

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Die Koalition will aber teure Wahlversprechen finanzieren - beispielsweise eine Grundsicherung nach dem Vorbild von Hartz IV oder ein niedrigeres Renteneintrittsalter. Es bleibe bei all diesen Maßnahmen, sagte Di Maio. Man sei im März gewählt worden, damit die Sparpolitik überwunden werde und frisches Geld eingesetzt werde.

„Wir arbeiten an einem Haushalt, der mehr Arbeitsplätze schafft, mehr Recht auf Renten und weniger Steuern, nicht für alle aber für viele. Wenn das Europa gefällt, sind wir zufrieden, wenn nicht, gehen wir unseren Weg dennoch weiter“, sagte der Innenminister und zweite Vize-Premier Matteo Salvini.

Doch nicht nur die Finanzmärkte überzeugen Roms Pläne nicht. Auch der IWF stellte Italien zuletzt ein schlechtes Zeugnis aus und nannte die Haushaltspläne ein Risiko für das Land. (dpa)

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