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Gesundheitsminister Lauterbach (SPD), RKI-Chef Wieler und Virologe Drosten vor der Presse

© AFP/Hannibal Hanschke

Strategie gegen das Coronavirus: Lauterbach und Drosten warnen vor zu früher Durchseuchung

Die Corona-Variante Omikron dominiert nun in Deutschland. Die Experten sehen eine „neue Phase“ der Pandemie. Strategie ist, die Ausbreitung stark zu verzögern.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet eine weiter steigende Omikron-Welle - sieht aber vorerst keinen Grund für neue schärfere Alltagsauflagen im Kampf gegen das Coronavirus. „Ich glaube, dass wir jetzt in ein schwieriges Fahrwasser kommen“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Kliniken und Labore würden an ihre Belastungsgrenzen kommen. Aktuell reiche das Paket mit Gegenmaßnahmen aber aus. Die Strategie sei, die Infektionswelle zu verlangsamen und zu strecken und in dieser Zeit so viele Menschen wie möglich mit Auffrischimpfungen zu boostern.

Die Zahl der an einem Tag erfassten Neuinfektionen überschritt jetzt erstmals die Schwelle von 90.000. Die Gesundheitsämter meldeten 92.223 Fälle in 24 Stunden, wie das Robert Koch-Institut (RKI) bekannt gab. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte einen Höchststand von 470,6 neuen Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.

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Lauterbach sagte, er rechne mit noch stärker steigenden Zahlen. Das Ziel sei jetzt, „aus der sonst zu erwartenden steilen Wand der Infektionszahlen möglichst einen Hügel zu machen oder dass die Wand nicht so hoch ist“. Es sei aber ein Sonderproblem Deutschlands, dass es in der gefährdeten Gruppe älterer Menschen viele Ungeimpfte gebe. In Deutschland könne eine Durchseuchung nicht akzeptiert werden. Die Zahl der Opfer wäre dann „sicherlich zu hoch“, sagte Lauterbach.

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Drosten spricht von „ein bisschen Blindflug“

Auch der Virologe Christian Drosten warnt angesichts der sich rasch verbreitenden Omikron-Variante vor einer zu frühen Durchseuchung in Deutschland. Die Virusvariante sei zwar nach derzeitigem Kenntnisstand milder im Verlauf, weil es aber zu viele Fälle seien, werde dieser Gewinn „wieder ausgelöscht“, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité. Noch gebe es deutlich zu viele ungeimpfte Menschen in Deutschland, besonders auch in der Gruppe der Über-60-Jährigen. Viele Menschen hätten zudem noch keine Auffrischimpfung erhalten, die aber das wirkungsvollste Mittel im Kampf gegen Omikron sei, so Drosten.

[Lesen Sie auch: Rechnen sich Aufwand und Ertrag? – „Ich sehe die Impfpflicht als ein stumpfes Schwert“ (T+)]

Der Virologe sprach von mehreren „schwierigen Doppelbotschaften“ in der derzeitigen Diskussion. So gelte als sicher, dass das Virus selbst die Immunität der Bevölkerung immer wieder „updaten“ und irgendwann „laufen“ müsse. „Wir wissen aber im Moment nicht, ob wir uns das in Deutschland leisten können angesichts der Impflücken“, warnte Drosten. „Da sind wir ein bisschen im Blindflug.“

Er ging davon aus, dass die endemische Lage bis Jahresende weitgehend erreicht sei. Er stellte in Aussicht, dass gegen die Omikron-Variante wahrscheinlich noch einmal bei der Impfung nachgesteuert werden müsse. „Es wird eine angepasste Impfung geben müssen, und wir werden möglicherweise dann ab dem zweiten Quartal große Teile der Bevölkerung, vielleicht sogar alle, noch einmal mit einer Update-Impfung gegen Omikron versehen müssen.“ Drosten bekräftigte seinen Appell an Ungeimpfte, sich dringend immunisieren zu lassen.

Wieler sieht „neue Phase der Pandemie

Aus Sicht von RKI-Präsident Lothar Wieler tritt Deutschland in eine „neue Phase der Pandemie“ ein. „Die reinen Fallzahlen werden weniger entscheidend sein. Wichtiger ist, wie viele Menschen schwer an Covid-19 erkranken und wie stark das Gesundheitssystem dann belastet sein wird.“ Der Virologe Christian Drosten sagte, Omikron sei nach derzeitigem Kenntnisstand zwar milder im Krankheitsverlauf. Weil es aber zu viele Fälle seien, werde dieser Gewinn „wieder ausgelöscht“. Er stellte in Aussicht, dass gegen Omikron wahrscheinlich noch einmal bei der Impfung nachgesteuert werden müsse. Drosten bekräftigte seinen Appell an Ungeimpfte, sich dringend immunisieren zu lassen.

Lauterbach sagte, die schon geltenden Beschränkungen zeigten Wirkung - etwa mit einer längeren Verdoppelungszeit der Infektionszahlen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern. Hinzu kämen nun noch verschärfte Zugangsregeln auch für Geimpfte und Genesene mit zusätzlichen Tests (2G plus) in der Gastronomie. Aus seiner Sicht sei zur jetzigen Zeit „das richtige Maßnahmenpaket am Platz“.

Sollten die Fallzahlen aber noch deutlich steigen und eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu erwarten sein, müsse auch mit anderen Maßnahmen gegengesteuert werden. „An dem Punkt sind wir nicht“, sagte Lauterbach. Nötig seien aber Kontrollen und flächendeckende Umsetzung bestehender Beschränkungen.

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Der Minister erläuterte, dass die Kapazitäten für PCR-Labortests sich der „Volllast“ näherten. Mangel gebe es derzeit nicht. Mit Blick auf Freitestungen aus der Quarantäne habe er nun veranlasst, dass es für Gesundheitspersonal einen Vorrang bei der PCR-Test-Auswertung in den Laboren gebe.

Noch schlägt sich die Omikron-Welle nicht auf den Intensivstationen nieder. Die Zahl der dort behandelten Corona-Infizierten sank erstmals seit Mitte November wieder knapp unter die 3000er-Marke, wie aus Daten des Divi-Intensivregisters hervorgeht (Stand: Donnerstag). Seit dem Höhepunkt der vierten Welle im Dezember mit rund 5000 Corona-Intensivpatienten gleichzeitig sinkt die Zahl stetig. Auch bei den gemeldeten Erstaufnahmen ist der Trend rückläufig. Experten sehen aber noch keinen Grund zur Entwarnung für die nächsten Wochen. (dpa, AFP)

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